■ Soundcheck: Gil Scott-Heron / Prodigy / Taj Mahal
Gehört: Gil Scott-Heron. Der spindeldürre Schlacks saß einsam auf der Bühne, die Baseballkappe schief auf dem struppigen Haar. Sachte klimperte er sich an der Orgel warm, erzählte Geschichten die langsam in Verse übergingen. Vom Allzu-Persönlichen wechselte er umstandslos in gereimte Statements. Von seiner im Hotel vergessenen, abgewetzten Jacke zu Aussagen über „the military and the monetary“, deren Verbindung die Okkupation Haitis verlangt. Dabei gefror ihm ein ebenso verschmitztes wie weises Grinsen über dem Stoppelbart. Das hätte ewig so weitergehen können. Doch „the show must go on“ und so gesellte sich ein Septett hinzu aus überwiegend jenen Musiker, mit denen er sich zuletzt überzeugend zurückmeldete. Daraufhin entspann sich ein ausuferndes Potpourri, das mit den Worten von Scott-Heron unter Vermischtes oder unter Jazz einsortiert werden kann. Doch je mehr sich der erst 45jährige Troubadour aus den Stücken herausnahm, zum Conferencier wurde, desto belangsloser tröpfelte das Ringelreihen der Solisten in die gut gefüllte Große Freiheit. Erst als er nach kurzer Verschnaufpause mit „Dont Give Up“ wieder abgespeckt und eindringlich von seinem Drogenausstieg berichtete, hielt er erneut die Fäden in der langgliedrigen Hand. Mit einem Medley in dem auch „The Bottle“ anklang, erfüllte er dann auch die letzten offenen Rechnungen und entließ ein zufriedenes Publikum in den dichten Nebel.
Volker Marquardt/Foto: JMS
Heute abend: Prodigy. Das aus dem September verschobene Konzert der Dance-Zappler, deren Stücke dem Stecknadel-Kasten-Prinzip unterliegen (spitz, funktional, bunt, krächernd und durcheinander) wird nun heute nachgeholt. Da der musikalische Julklapp mit Herz, Kult und Headismen betrieben wird, ist Prodigy trotz Kommerz-Nummern immer noch auch für Überzeugungstäter akzeptabel. Auf ihrem neuen Album Music For The Jilted Generation stehen auch Pop Will Eat Itself für einige Rock-Klimmzüge bereit, aber ansonsten ist wieder alles schön verdreht; wie die Briten eben so sind, wenn sie Spaß machen.
Große Freiheit, 20 Uhr
Morgen abend: Taj Mahal. Unermüdlich folgt er der Schwerkraft der Töne und spielt sich um den Globus. Das musikalische Erbe Amerikas gejagt, gesammelt und verschönert zu einer Singularität, das ist sein Spielen, welches er diesmal wieder Solo und versonnen vorträgt.
Fabrik, 21 Uhr
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