Sony nach den Hackerangriffen: Neues Spiel, neues Glück
Sony will seine Netzwerkdienste wieder öffnen. Man habe die Sicherheit erhöht, so der Konzern. Die Nutzer bekommen für den Ausfall ein Trostpflaster.
Man kann den Optimismus von Sony durchaus bewundern: Der japanische Elektronikkonzern will trotz fortdauernder Hackangriffe auf seine Internet-Angebote noch in dieser Woche wieder den Zugriff auf sein Playstation-Netzwerk (PSN) erlauben - und zwar vollständig. Man werde neben den Netzwerkdiensten für seine Spielekonsole Playstation 3 auch seinen "Playstation Store"-Onlineverkauf sowie die Musik- und Videoangebote ("Qriocity") zurück ins Netz bringen. Dies gelte für Amerika und Europa, so Sony in einer Stellungnahme. Im Falle Asiens allerdings müssen Japan, Hong Kong und Südkorea zunächst draußen bleiben.
Der Großangriff auf das PSN liegt mittlerweile über einen Monat zurück, seit Anfang Mai waren die Dienste komplett gesperrt. Sagenhafte 77 Millionen Nutzeraccounts gerieten dabei in die Hände noch immer unbekannter Angreifer, die Sony offenbar das Vorgehen gegen die Homebrew- und Bastler-Szene übel nahmen.
Sony hatte unter anderem den bekannten Entwickler George Hotz in den USA verklagt und sich später mit ihm außergerichtlich geeinigt - nicht ohne dass Hotz wütend seinen Komplettausstieg aus der Sony-Szene verkündete. Die Homebrew-Szene wehrt sich allerdings glaubwürdig gegen den Vorwurf, mit dem Hack irgendetwas zu tun zu haben.
Neben dem Angriff auf das PSN, bei dem mehr Daten verloren gingen als bei jedem anderen Hack zuvor, litt Sony in den letzten Wochen an diversen weiteren IT-Security-"Nachbeben". Dabei wurden unter anderem der kanadische Online-Laden der Handy-Sparte Sony Ericsson, der Server des Sony-Labels Sony BMG Greece sowie eine Datenbank von Sony Music Japan attackiert - mit teilweise großer Ausbeute. In Thailand wurde unterdessen bekannt, dass die örtliche Sony-Website für Phishing-Angriffe missbraucht worden sein soll.
Hacker hatten leichtes Spiel
Sony bemühte sich während der PSN-Ausfallzeit nach Kräften, das PR-Desaster zu minimieren, ließ sogar seinen obersten Unterhaltungschef in Social-Media-Videos auftreten. Man habe seine Sicherheitsarchitektur komplett auf den Prüfstand gestellt, hieß es unter anderem. Tatsächlich hätten die Hacker teilweise leichtes Spiel gehabt, wie es hieß: So sollen einige Sony-Server angeblich eher schlecht gewartet gewesen sein, so dass hackbare Lücken blieben. Wie es im Inneren der Maschinen allerdings wirklich aussieht und aussah, weiß nur Sony allein.
Der Konzern dürfte auch nach der vollständigen Reaktivierung des Playstation Network, die spätestens am 5. Juni abgeschlossen sein soll, die ein Glaubwürdigkeits- und Vertrauensproblem haben. Kann man nun sicher sein, dass die Daten nicht erneut abgegriffen werden? Kommt es vielleicht nach kurzer Zeit zu neuerlichen Attacken, die Sonys Netzwerkdienste wieder komplett aus der Spur werfen könnten?
Bislang war das überholte PSN nur in Stufen geprüft worden. So ging am 15. Mai in Amerika und Europa ein Teil der Services wieder online, Japan und Asien mussten bis zum 28. Mai warten. In der Zwischenzeit will Sony "deutliche Sicherheitsmaßnahmen" implementiert haben, die die Netzwerkinfrastruktur ergänzen.
"Willkommen zurück"-Paket
Außerdem habe man die Bezahl- und E-Commerce-Funktionen ausgiebig getestet. Kazuo Hirai, der zuständige Sony-Manager, sagte in einem Statement, man habe sich ausreichend bemüht, um das PSN komplett wieder online nehmen zu können. Die "Fans" könnten wieder zu ihrer "Unterhaltungserfahrung erster Klasse" zurückkehren. Man bedanke sich für die Geduld. Menschen, denen durch den Hack sensible Daten wie auch anderweitig verwendete Passwörter abhanden gekommen sind, dürften davon allerdings eher wenig haben.
Sony hatte betroffenen Nutzern ein "Willkommen zurück"-Paket angeboten, bei dem man sich unter anderem Spiele wie "Little Big Planet 1", "Wipeout HD" oder "Ratchet & Clank: Quest for Booty" kostenlos herunterladen durfte. Die Titel sind recht alt, weshalb das Paket nicht bei allen Nutzern gut ankam. Allein in den USA gab es spannendere Games als Trostpflaster. Die mussten aber hierzulande aus Jugendschutzgründen draußenbleiben. Interessierte an "Playstation Plus" konnten sich außerdem über 30 kostenlose Nutzungstage freuen, Abonnenten des Dienstes über 60 Tage Gratis-Mitgliedschaft. Sony versprach außerdem weitere Hilfsleistungen für Hackopfer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels