■ Sonderpreis: Reality kills
Für den Beitrag von Käthe Lachmann und Sebastian Schnoy haben wir spontan einen „Sonderpreis für medienpolitische Weitsicht“ ausgelobt. Die Storyline löst nicht nur die dramaturgische Herausforderung „Endlosproduktion“ sinnvoll ein, sie ermutigt die Sendeverantwortlichen auch zu einem von uns lang ersehnten Neubeginn.
Die harmonische Stimmung in der Schillerallee 10 ist nur von kurzer Dauer. Alexander, der sensible Sohn des Kunstprofessors Albrecht, hat Haschisch probiert und wird kurze Zeit später auf einem Bahnhofsklo tot aufgefunden. Jennifer, die ihren Vater seit Jahren nicht mehr gesehen hat, trifft diesen wieder, als sie an einem nebligen Novemberabend den Müll runterbringt und den Deckel einer rostigen Tonne öffnet. Als sie ihren verwahrlosten Vater für einige Zeit in ihrer WG wohnen läßt, verliebt sich ihre Mitbewohnerin Corinna in ihn und wird schwanger. Doch sie weiß nicht, ob das Kind von ihm oder dem minderjährigen Bäckerssohn Till ist, mit dem sie eine Nacht im „Backofen der Liebe“ verbracht hat. Nach Tills Selbstmord durch eine Überdosis Sekundenkleber macht sie sich Vorwürfe.
Am Frühstückstisch erzählt ihr Jennifer, daß sie magersüchtig ist. Daraufhin vertraut ihr Corinna an, daß sie vorhat, abzutreiben. Plötzlich hören sie im Radio Armin, den bei ihnen wohnenden attraktiven Moderator, der sich als Aids-Kranker outet und Jennifer dafür verantwortlich macht. Nach seiner Rückkehr in die WG kommt es zum Eklat. In der Nachbarwohnung hört die böse Oma Weigel, die zugleich die Vermieterin ist, den Streit und beschließt einzugreifen. Da niemand öffnet, tritt sie die Tür ein. Sie wird von den Anwesenden ausgelacht und zieht sich beleidigt in ihre Wohnung zurück.
Bei seinem ersten Einsatz stoppt Tills Bruder Chris, der inzwischen Polizeischüler ist, einen betrunkenen Autofahrer. Aus dem Golf steigt sein lallender Vater. Chris gerät in einen Gewissenskonflikt. Als sein Vater flieht, ermuntern ihn seine Kollegen zu schießen. Chris dreht durch und feuert wild um sich. Beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, rennt der Bäckermeister in den Porsche des attraktiven Liebhabers von Frau Albrecht, deren Mann wegen einer Bypass-Operation in der Klinik liegt. Regine Albrecht, die alles vom Balkon aus beobachtet, fällt – von einem Querschläger getroffen – über das Geländer in eine Hochzeitstorte, die vor der Bäckerei in einen Lieferwagen geladen wird.
Die Verletzten treffen sich alle in der Stadtklinik wieder. Sie sind Jennifer ausgeliefert, die dort als Aushilfskrankenschwester arbeitet. Sie will dem Grauen ein Ende bereiten und spritzt jedem eine Ampulle Arsen. Daraufhin stellt sie sich der Polizei und verkauft die Rechte an ihrer unglaublichen Geschichte dem RTL-Chef Thoma, der sich in sie verliebt und sie gegen Kaution aus dem Gefängnis holt. Sie heiratet ihn, bringt ihn um und wird von der Bevölkerung als Volksheldin gefeiert.
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