: Sollen asiatische Soldaten Mekka schützen?
■ Bangladesh schickt 4000 Soldaten / Indonesien und Malaysia sind gegen Truppenentsendung / Proteste in allen drei Ländern
Dacca/Kuala Lumpur (afp/ips) - Mit einem Generalstreik hat die Bevölkerung von Bangladeshs Hauptstadt Dacca am Montag gegen die Entscheidung der Regierung protestiert, sich an den multinationalen Truppen in Saudi-Arabien zu beteiligen. Geschäfte, Schulen und Behörden blieben geschlossen, die Straßen in Dacca waren menschenleer. Nach Angaben der Organisatoren des Streiks wurde der Aufruf auch in der südöstlichen Hafenstadt Chittagong, in der Industriestadt Khulna sowie in den meisten anderen Städten des Landes befolgt. Zu der Aktion hatten zwei Oppositionsbündnisse aufgerufen, die Acht-Parteien-Allianz um die Awami-Liga und das linksgerichtete Parteien-Bündnis Nirmal Sen.
Mohammed Erschad, Präsident des mehrheitlich islamischen Bangladesh, hatte am 15. August nach dem Besuch eines Sondergesandten des saudi-arabischen Königs Fahd erklärt, man werde ein symbolisches Kontingent in das Königreich entsenden, um Saudi-Arabien vor einem möglichen Angriff Iraks zu schützen. Aus dem Verteidigungsminsterium war verlautet, die ersten der rund 4.000 Soldaten sollten zu Wochenbeginn nach Saudi-Arabien gebracht werden.
Zwei andere Staaten Asiens mit einem hohen islamischen Bevölkerungsanteil, Indonesien und Malaysia, haben ein Ersuchen Saudi-Arabiens nach Truppenentsendung abgelehnt. Während in Malaysia Demonstrationen gegen die Anwesenheit der US-Truppen im „Heiligen Land“ stattfinden, protestieren in Indonesien islamische Gruppen, die Milizionäre in den „heiligen Krieg“ schicken wollen, und bringen damit ihre Regierung in Verlegenheit.
„Wir sind bereit, die heiligen Stätten zu verteidigen. Wir haben zwar keine Mittel, aber Gott wird uns einen Weg zur Erfüllung der heiligen Pflicht zeigen“, so und ähnlich lauteten diese Woche Parolen von Demonstranten vor einer Moschee in Jakarta. Die Teilnehmer verurteilten sowohl die Einverleibung Kuwaits duch den Irak als auch die US -Militärpräsenz in Saudi-Arabien. 150 indonesische Jugendliche, die „Retter des heiligen Hauses“, haben sich bereits als Milizionäre gemeldet, um Mekka und Medina zu „retten“. Auch aus Malaysia melden sich Freiwillige.
Die Regierungen der beiden Länder fühlen sich durch die Militanz der kampfbereiten Moslems in Verlegenheit gebracht. In Indonesien leben mehr Moslems als in jedem anderen Staat der Welt. Sowohl Präsident Suharto von Indonesien als auch der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad erklärten, sie würden Truppen nur im Rahmen einer UN-Friedensmission entsenden - eine Entscheidung, die vor allem von Rücksicht auf Staatsbürger in Kuwait und im Irak diktiert wird. 5.000 Indonesier arbeiten in den beiden Ländern, vor allem in Ölraffinerien, und hunderte Malaysier.
Darüber hinaus sitzt den beiden Regierungen noch der Schreck vom vergangenen Monat im Nacken: Die Hälfte der 1.400 bei einer Massenpanik in Mekka ums Leben gekommenen Menschen waren Indonesier und Malaysier. „Alles was das Leben unserer Bürger im Golf erneut gefährden könnte, wäre ein großes politisches Risiko zu Hause“, begründet ein Führer der wichtigsten Partei der malaysischen Regierungskoalition die „militärische Abstinenz“ seines Landes in der Golfkrise. Eine Stationierung „unserer Truppen in Saudi-Arabien wäre verfassungswidrig“, erklärte der indonesische Außenminister Ali Alatas. Jakarta hat bereits gewarnt, man würde jenen, die sich als Söldner im Golf verpflichteten, die Staatsbürgerschaft aberkennen. Malaysia ist vorsichtiger. Vize-Premierminister Ghafar Baba kündigte an, der Ministerrat werde beraten, was mit jenen geschehen soll, die als Freiwillige in den „Heiligen Krieg“ ziehen laut Berichten sind dazu vor allem Mitglieder der oppositionellen Pan-malaysischen Islamischen Partei (PAS) bereit.
Kritikern Saudi-Arabiens hält Premier Mahathir Verständnis für den Monarchen Al-Malik Fahd entgegen: „Es ist leicht, Saudi-Arabien dafür zu kritisieren, daß es von einem nicht -islamischen Land Hilfe sucht. Aber wenn wir in der gleichen Lage wären, würden wir nicht auch Hilfe bei einem Land suchen, das sie uns gewähren kann?“
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