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Solarthermisches Kraftwerk in AndalusienSonnenstrom für Tag und Nacht

Das größte solarthermische Kraftwerk der Welt: "Andasol" soll eine halbe Million Menschen mit Strom versorgen - dank moderner Technik auch nachts und im Winter.

Ein Techniker installiert das Absorberrohr an der Parabolrinne in Lacalahorra. Bild: reiner wandler

LACALAHORRA taz "Ich fühle mich wie ein Pionier", sagt Wojciech Borowski. Der deutsch-polnische Ingenieur ist ein alter Hase und Neuling zugleich. Er hat in seinem Leben viel mit aufgebaut, von Müllverbrennungsanlagen in den USA und in Deutschland bis hin zu fossilen Kraftwerken im Irak. Doch was der 54-Jährige jetzt macht, das reizt ihn wie kaum zuvor: "Andasol 1: das größte solarthermische Kraftwerk weltweit", sagt Borowski. 50 MW Kapazität - genug für 180.000 Menschen - hat die Anlage im südspanischen Lacalahorra zwischen Granada und Almeria. Die Technik stammt von der deutschen Firma Solar Millennium.

STROM AUS DER SONNENGLUT

Solarthermische Kraftwerke sind die effektivste Art, die Sonne zu nutzen. Sie produzieren im Jahr rund doppelt so viel wie ihre Fotovoltaik-Pendants. Bereits die erste Ausbaustufe von Andasol wird mehr Strom erzeugen als alle Fotovoltaikanlagen in Spanien zusammen. Den Parabolrinnen gehört damit die Zukunft. Die Rohstoffe für den Bau solarthermischer Kraftwerke - Beton, Glas, Stahl - sind zu stabilen Preisen zu haben. Ganz anders als dies bei Solarzellen der Fall ist, deren Preis durch die wachsende Nachfrage nach Silizium steigt. Experten schätzen, dass in 20 Jahren der Preis für Strom aus solarthermischen Anlagen mit dem aus Kohle mithalten wird. Überall im Sonnengürtel der Erde - zwischen dem 20. und 40. Breitengrad -können solarthermische Kraftwerke zum Einsatz kommen. Bereits ein Prozent der weltweiten Wüstenfläche wäre in der Lage, den Strombedarf der gesamten Weltbevölkerung zu decken. Unternehmen wie Solar Millennium haben besonders die Sahara im Auge. Dort scheint die Sonne über 4.800 Stunden im Jahr, das ist über 50 Prozent mehr als in Südspanien und mehr als doppelt soviel wie im südlichen Rheintal. Ein Stromnetz über das Mittelmeer könnte dann auch die Verbraucher jenseits des Sonnengürtels mit Solarstrom versorgen.

An der Wand hinter Borowskis Schreibtisch hängt ein Plan des zwei Quadratkilometer großen Solarfelds. Das gesamte Terrain ist schraffiert. Jede Linie ist eine Kollektorreihe. Jeder der Riesenkollektoren ist 150 Meter lang, 624 Stück stehen dort insgesamt, Reihe an Reihe. Die Sonnenstrahlen werden in langen Rinnen durch Spiegel gebündelt. In der Brennlinie der Parabolrinnen verläuft ein Absorberrohr aus Stahl, in dem Thermoöl fließt, das auf knapp 400 Grad erhitzt wird. Der Absorber wird von einem Glasrohr umgeben - ein Spezialglas, das sich bei Hitze genauso ausdehnt wie Stahl. Nur so kann verhindert werden, dass die Rohre im Einsatz reißen. Die Absorber stammen von der deutschen Firma Schott. Sie ist neben der israelischen Solel das einzige Unternehmen weltweit, das über diese Technik verfügt.

Das heiße Öl wird dann ganz konventionell genutzt: Per Wärmeübertragung wird Dampf erzeugt. Der treibt eine Turbine an, die wiederum Strom liefert. Was den Ingenieur Borowski begeistert, ist die Computersteuerung, der die Kollektoren immer zur Sonne blicken läßt.

Lacalahorra hat über 3.000 Sonnenstunden im Jahr. Das ist 80 Prozent mehr als am sonnenverwöhntesten Flecken Deutschlands, dem Kaiserstuhl bei Freiburg. Aber auch nachts wird das Parabolrinnenkraftwerk Strom liefern. Wärmespeicher machen dies möglich: heißes Salz in zwei riesigen Tanks. Dank dieser Technik kann das Kraftwerk Andasol damit im Hochsommer bis zu 23 Stunden pro Tag Elektrizität liefern. Im Winter werden es immer noch 15 Stunden sein.

"Wir sind sicher, dass es keinen besseren Standort in Spanien gibt", erklärt Marcello Formica, der Chef der Solar-Millennium-Vertretung in Madrid. Der junge Finanzfachmann ist zufrieden. 45 Prozent von Andasol 1 sind bereits fertig. Die Einweihung ist für Sommer 2008 vorgesehen. Gleich nebenan wird ein zweites Gelände planiert, für Andasol 2. Und Andasol 3 ist in der Ausschreibung. Alle drei Blocks werden jeweils 50 MW Strom liefern.

Noch ist die solarthermische Technik teuer und ohne Subvention nicht konkurrenzfähig. Genau deshalb fiel die Wahl auf Spanien. Denn ein Einspeisegesetz nach deutschem Vorbild sichert für die nächsten 25 Jahre einen Abnahmepreis von 26,93 Cent pro Kilowattstunde. Das ist mehr als dreimal so viel, wie die Kilowattstunde aus fossilen Brennstoffen am Markt bringt.

Das Projekt dürfte sich auch wegen einer effizienteren Technik rentieren, die gerade fertiggetestet wurde: Die neue Parabolrinne ist zehn Prozent effektiver als das Vorgängermodell. Sie nutzt 94 Prozent des einfallenden Sonnenlichts. "Wir haben dank der Tests handfeste Daten vorzuweisen", erklärt Formica. "Die Banken wissen so etwas bei der Kreditvergabe zu schätzen."

Bislang gelten erneuerbare Energien oft als ungeeignet für die Grundversorgung, weil sie bei wechselndem Wetter nicht immer gleich viel Strom erzeugen. Bei Andasol wird das anders sein: "Es ist das erste Mal, dass wir ein Kraftwerk mit erneuerbarer Energie bauen, das von den Netzbetreibern voll in die Basisversorgung eingerechnet werden kann", sagt José Alfonso Nebrera vom spanischen Anlagenbauer Cobra. "Für die Zukunft planen wir die Kombination der solarthermischen Kraftwerke mit einer Verbrennungsanlage für Biomasse", sagt er begeistert. Dann wäre ein Betrieb rund um die Uhr auch in den Monaten mit weniger Sonnenlicht gesichert.

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1 Kommentar

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  • BW
    bernhard wagner

    Hoffentlich motiviert diese neue technische Entwicklung zumindest Regierende in Staaten am oder im globalen 'Sonnengürtel', sich endlich von Atomenergie zu verabschieden. Dazu gehören z.B. Brasilien, China, Indien und die Türkei, die heute noch z.T. sogar neue AKW planen. - Ergänzend nutzbar wären Wind, Salzkraft (Osmosekraftwerke sind in Norwegen jetzt erfolgreich entwickelt) u.s.w. - Für Europa wäre es aber bis auf Weiters zu riskant, von riesigen Stromleitungen aus der Sahara abhängig zu sein. Eine (zuindest scheinbar) billigere Lösung ist oft nicht die bessere.