Solarindustrie in Ostdeutschland: Die Sonne schert sich nicht um Banken
Die Solarindustrie in Ostdeutschland boomt, doch die Wirtschafts- und Finanzkrise machen der Branche zu schaffen. Einige Photovoltaik- Projekte verzögern sich.
Schwarze Schutzhandschuhe übergestreift, hantiert Susanne Conze in einem luftdicht abgeschlossenen, gläsernen Apparat, indem sie ihre Arme durch passgenaue Öffnungen schiebt. Mit einer Pipette tropft die Chemiestudentin, die am Dresdner Fraunhofer-Institut für Keramik-Technologien forscht, eine silanhaltige Flüssigkeit auf ein Glasplättchen. Das Glas wird anschließend geschleudert und erhitzt. Nach und nach wird es grau: Auf der Oberfläche hat sich eine hauchdünne Siliziumschicht gebildet - das ist die Fläche, die auf Dünnschichtsolarzellen Strom erzeugen kann. Je nach Ausgangsmaterial, Schleudertempo und Temperatur bilden sich unterschiedliche Schichten. Die beste zu finden, das ist Conzes Auftrag.
Forschung, die dazu beitragen kann, der Nutzung der Sonnenenergie zum Durchbruch zu verhelfen. Die Aufgabe: Photovoltaikstrom muss möglichst schnell billiger werden, um mit konventionell erzeugtem Strom konkurrieren zu können. Die Lösung: Solarmodule müssen effizienter und ihre Herstellung günstiger werden.
Etwa 70 Kilometer vom Fraunhofer-Labor entfernt, im sächsischen Mochau, produziert die US-Firma Signet Solar bereits ungewöhnlich große Solarmodule mit Dünnschichttechnologie. Dort wird vergleichsweise teures Gas auf Glas gedampft, um die Dünnschichtmodule herzustellen. Ihr Vorteil: Durch ihre Größe von 2,20 Meter mal 2,60 Meter sind sie günstiger zu produzieren und zu installieren. Dennoch plagen die Firma Sorgen, trotz eines wachsenden Marktes. Denn die Finanzierung der Produktionserweiterung stockt. "Die Banken prüfen derzeit umfangreicher", sagt Werksleiter Dietmar Scholz. Dies werde zu einer Verzögerung von voraussichtlich drei bis vier Monaten führen.
Kein Einzelfall in Sachsen und anderen Photovoltaik-Vorzeigestandorten. So gibt es auch Verzögerungen im sachsen-anhaltischen Thalheim, wo die norwegische Vetro Solar AG die weltweit größte Solarglasfabrik errichten will. Baustart soll nicht wie geplant in diesen Wochen, sondern erst in einigen Monaten sein. Die Firma macht Finanzierungsprobleme im Zuge der Bankenkrise dafür verantwortlich.
Solche Probleme kennt auch Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD). Die Bankenkrise wirke sich auf die Finanzierung von Photovoltaikprojekten aus, so Jurk. Auch die Privatbanken müssten aber gerade jetzt Projekte im Mittelstand vorantreiben. Derzeit gibt es bundesweit 46.000 Jobs in der Solarbranche; allein 15.000 davon finden sich in Ostdeutschland, wo ein Großteil der Anlagen produziert wird. 2010 sollen es schon 18.000 Jobs sein, bundesweit dann 54.000.
Den größten Boom erwarten die Hersteller aber, wenn in einigen Jahren Solarstrom so günstig ist wie Strom aus der Steckdose. "Wenn die Kostenparität erreicht ist, steht uns ein unbegrenzter Markt offen", sagt Frank Asbeck, Chef von Solarworld. Die Firma produziert im sächsischen Freiberg mit 1.500 Beschäftigten Silizium-basierte Module. Auf die Kostenparität setzt auch die Firma Roth und Rau, die im sächsischen Hohenstein Produktionsanlagen für die Photovoltaikindustrie herstellt. Ihr Finanzchef Carsten Bovenschen schätzt: "Kommt die Parität, gibt es eine Nachfrageexplosion."
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