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■ SockenschußPostmoderne Punkte

Früher, in einer Zeit, als die Bürger glaubten, ihre edle Herkunft ständig mitführen zu müssen, war es Sitte, die halbe Verwandtschaft im Vornamen zu verstecken. Da kamen dann solche Vornamen wie Georg Wilhelm Friedrich heraus, und je bedeutender der Balg werden sollte, umso umfangreicher wurde das Vornamenregister: Wer kennt nicht die unsterbliche Pippilotta Viktualia Pfefferminza Ephraims Tochter Langstrumpf, die diesen Ehrgeiz als Mitgift mit sich herumschleppte, oder den Hatschi Halef Omar Ben Hatschi Abul Hassan .....

Vorbei? Ach woher. Der postmoderne Vornamensnobismus kommt heute subtiler daher. Als Punkt. Die Andeutung reicht im Zeitalter der Visitenkarte, ein Rufname, ein Initial – Punkt. Aber das ist es dann. Und der Nachname als Ausklang.

Alles verkürzt sich, die Postmoderne lebt von der Andeutung. Unausgesprochen darf sie sein, weil unsere echte Kultur noch schriftlich ist. Deshalb aber ist sie geschrieben unverzichtbar. Große Vorfahren, große Geschichte, eine große Zukunft schmilzen in der Andeutung zusammen, konzentriert in der Kraft des Punktes. In diesem Sinne

Markus B. Daschner

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