Ski-Weltcup in Garmisch: Felix, der Unglückliche
Beim Heim-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen die beiden deutschen Hoffnungsträger für die WM unterschiedlich: Felix Neureuther scheidet aus, Maria Riesch stabilisiert sich
Die vertraute Umgebung, die vielen Freunde und Bekannten, die im Zielraum ein riesiges Spektakel veranstalten, bringen nicht nur Vorteile. Zu Hause zu starten kann auch zur bleischweren Last werden. Felix Neureuther hatte dies in den vergangenen zwei Jahren schon festgestellt und ist mit dem Erwartungsdruck unterschiedlich gut zurechtgekommen. 2007 wurde er Zweiter beim Slalom am Gudiberg zu Garmisch-Partenkirchen, im vergangenen Winter mit einer Erkältung in den Knochen belegte er Rang 17, und am Sonntag nun endete die Slalomvorstellung wie die meisten in dieser Saison - vorzeitig.
Zum fünften Mal im achten Rennen erreichte er das Ziel nicht; die spezielle Vorbereitung mit einem Kinetiktrainer verfehlte die erhoffte Wirkung. "Der Slalom ist meine große Liebe, aber manchmal auch ein Luder. Ich hoffe, dass er bald wieder lieb zu mir ist", sagte Neureuther. Am besten bei der am Dienstag beginnenden Weltmeisterschaft in Val dIsère.
Seine Klubkollegin Maria Riesch meisterte die Situation sehr viel besser, obwohl sie zum ersten Mal als Favoritin daheim gestartet war, obwohl auch sie mit keinem guten Gefühl von den letzten Weltcuprennen nach Hause gekommen war. Nach drei Ausfällen in fünf Rennen hatten sie Zweifel an der eigenen Nervenstärke geplagt. Nun, am Ende der für sie vielleicht wichtigsten Weltcup-Rennen des Winters, weil daheim in Garmisch-Partenkirchen, wirkte Riesch beinahe so, als ob es dieses kleine Tief nicht gegeben hätte "Die Erleichterung ist da, dass alles gut gegangen ist", sagt die 24-Jährige. "Ich war einmal auf dem Podium und im Super-G endlich einmal wieder vorne dabei, das war hier mein Ziel." Nach dem zweiten Platz im Slalom am Freitag belegte sie gestern im Super-G den fünften Rang.
Dieses Resultat hätte bei Maria Riesch im vergangenen Jahr allerdings keine große Begeisterung ausgelöst, schließlich war sie damals die Beste dieser Disziplin gewesen und am Ende des Winters mit der kleinen Kristallkugel ausgezeichnet worden. Aber in dieser Saison ist es ihre schlechteste Disziplin, nur in einem von drei Rennen war sie bis Sonntag ins Ziel gekommen, beim ersten Superriesenslalom in Lake Louise als 24. "Mir hat noch ein bisschen die Sicherheit und das hundertprozentige Vertrauen gefehlt", gab sie zu.
Riesch verpasste das Podest um 8 Hundertstelsekunden, die Siegerin allerdings war ihr weit voraus. Lindsey Vonn war 0,80 Sekunden schneller. Die Amerikanerin gewann vor den beiden Schwedinnen Anja Pärson und Jessica Lindell-Vikarby und führt nach ihrem fünften Saisonsieg nun die Gesamtweltcupwertung mit komfortablen 179 Punkten vor Riesch an. "Es war keine perfekte Fahrt. Die Lindsey hat gezeigt, wie es besser geht", sagte die Deutsche. "Aber es war mit Abstand mein bester Super-G in dieser Saison. Ich habe ein gutes Gefühl. Jetzt kann die WM kommen."
Der Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes, Wolfgang Maier, erwartet in Frankreich wenigstens eine Medaille von seinem Team aus fünf Männern und sechs Frauen. Die Hoffnung auf das erste Einzel-Edelmetall seit acht Jahren trägt Maria Riesch allerdings fast allein, denn sie ist für sieben der neun Podestplatzierungen der Alpinen in diesem Weltcup-Winter verantwortlich. In drei Disziplinen zählte sie bisher zu den Medaillenkandidatinnen, seit Sonntag auch wieder im Super-G.
Beinahe hätte sie auf den WM-Test in ihrer Problemdisziplin verzichten müssen, weil am Samstag dichter Nebel die beiden geplanten Skirennen auf der für 11 Millionen Euro umgebauten Kandaharstrecke unmöglich gemacht hatte. Die Abfahrt auf der von allen Fahrern gelobten neuen Männerstrecke, deren Prunkstück der "freie Fall" mit einem Gefälle von 100 Prozent an der steilsten Stelle ist, musste ausfallen und der Superriesenslalom der Frauen auf der parallel verlaufenden Piste auf Sonntag verlegt werden. Eine unglückliche Entscheidung, wie Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold fand, "weil wir zwei Tage später ein WM-Rennen haben". Maria Riesch störte es nach dem gelungenen Heimwochenende aber nicht besonders, dass sie ihren Flug nach Genf am Sonntagmittag stornieren und stattdessen eine achtstündige Autofahrt nach Val dIsère auf sich nehmen musste.
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