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Skandinavische Thronfolger vor ExpeditionGrünfärben in Grönland

Die Polarinsel ist eine moderne Umwelt-Pilgerstätte für Politiker geworden. Längst stehen die Reisen dorthin im Verdacht, vor allem dem Image der Reisenden zu dienen.

Die Skandinavier sind nicht die ersten, die medienwirksam nach Grönland reisen: Angela Merkel zum Beispiel war schon längst dort gewesen. Bild: dpa

BERLIN taz | In der kommenden Woche reisen drei skandinavische Thronfolger nach Grönland, um sich dort über die Folgen der Erderwärmung zu informieren. Der Nutzen solcher Reisen ist umstritten. "Sie kriegen dort eine wirkliche Vorstellung davon, was Klimawandel heißt", sagte Matthias Machnig, Staatssekretär von Umweltminister Gabriel, der taz-Wochenendausgabe sonntaz. "Das ist tief beeindruckend." Auch sein Minister flog vor zwei Jahren mit der Bundeskanzlerin nach Grönland.

Bild: taz

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Es sei zweifellos eine eindrucksvolle Reise, sagt der Journalist Toralf Staud. "Aber es geht mindestens genauso um die Bilder, die davon zu Hause ankommen. Auch Königskinder wollen in der Öffentlichkeit anerkannt sein." Staud veröffentlicht am 25. Mai sein Buch „Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen“. Es handelt von Firmen, vor allem Energiekonzernen, die versuchen, mit Werbekampagnen ihre Umweltsünden zu kaschieren. Es gibt ein englisches Wort dafür: Greenwashing, Grünfärberei. Das Wort wird in jüngster Zeit auch für Politiker verwendet.

Buchautor Staud, der das Portal wir-klimaretter.de betreibt, hält den Umweltminister für einen Vollprofi im Greenwashing. "Wie er es hinkriegt, neue Kohlekraftwerke als Klimaschutz darzustellen.“ Das sei wirklich die ganz hohe Kunst.

Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, ist dagegen, den Begriff des Greenwashing auf die Politik auszuweiten. "Es war richtig von der Kanzlerin nach Grönland zu reisen", sagte er der sonntaz. "Sie hat damit unterstrichen, dass wir ein Riesenproblem haben. Das Thema bekommt damit eine aufgeladene Bedeutung."

Es klingt zunächst auch ganz umweltverträglich, wenn sich ab 24. Mai in Kopenhagen Unternehmer und Wissenschaftler beim Weltwirtschaftsgipfel zum Klimawandel treffen. Ihr erklärtes Ziel: den Staatschefs beim neuen Klimaprotokoll „Hilfe und Unterstützung“ zusichern. Einer der Sponsoren: der dänische Energieriese Dong. Der ist gerade erst für die „Climate Greenwash Award 2009“ nominiert worden, weil er Kohlekraftwerke als Klimaschutz verkauft. Genau wie der deutsche Umweltminister.

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3 Kommentare

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  • M
    Maiblume

    Hey Bernie: Ich musste echt schmunzeln bei Deinem Kommentar, aber mal im Ernst. Du schreibst "(...) einem 2-MW Windrad je 100 km² (...)"

     

    Also ich wäre für ca. 6 schöne große Windräder à 2 bis 4 MW auf je ca. 20 x 30 km² - und zwar im gesamteuropäischen Durchschnitt. Über den Daumen gepeilt sind das etwa für Schweden 4500 Windräder mit zusammen ca. 13.500 MW, für Finnland

    mehr als 10.000 MW u.s.w. Wo sehr wenig Wind geht, wären aber sicher ein paar weniger Windräder vernünftig, dafür aber anderswo ein paar mehr.

     

    Zu den Bedenken wegen des Materials: Es werden z. B. allein beim Ausbau des Berliner Flughafens (der danach BBI heißen soll) mehr als 3.500.000 Tonnen Beton verbaut, mehr als Dreieinhalbmillionen Tonnen Beton! Nur für diesen einen Flughafen. Und wieviel Stahl für alljährliche Kfz etc. verbraten wird, weiß ich gerade nicht, aber dagegen sind Windräder eine vergleichsweise sinnvolle Investition.

  • BW
    bernhard wagner

    Rainer Baake nimmt da meines Erachtens Frau Merkel etc. zu sehr in Schutz. Toralf Staud hat recht, wenn er den Greenwashingvorwurf auch auf die Politik anwendet.

     

    Vielleicht dienen diese Grönlandreisen auch dazu, nachzusehen, ob sich Grönland noch nicht als Skigebiet erschließen lässt, weil schon genug Eis weggeschmolzen ist, aber vielleicht immer noch mehr Schnee liegt, als mittlerweile in den Alpen.

     

    Ihre Flugreisen kompensieren Merkel etc. etc. hoffentlich zumindest durch eine entsprechende Spende an http://www.atmosfair.de - was zwar auch als Greenwashing missbraucht werden kann, aber trotz evtl. unlauterer Absichten reale klimaschütznde Effekte hätte/hat.

     

    Oder will Dänemark die ca. 2,176 Mio km² Grönlands als Windpark nutzen? Mit einem 2-MW Windrad je 100 km² ergäbe das immerhin 43,520 GW, und bei nur 5% Auslastung (Teil- und Vollast) immer noch 2.176 MW. Im Ernst: Dänemark gehört (auch ohne Faröer und Grönland) zu den besten Windkraftstandorten der Welt und könnte zusammen mit Geothermie und Wellenkraft schon in weniger als 15 Jahren 100% seines Stroms regenerativ erzeugen, dabei sogar noch welchen exportieren. Dazu mehr Wintergartenvorbauten, Wärmedämmungsmaßnahmen und Warmwassersolaranlagen auf Dächern könnten in Dänemark, überhaupt in ganz Skandinavien noch mehr zum Klimaschutz beitragen. Kopenhagen z. B. ist derzeit auf einem vorbildlichen Weg dahin, wie ja auch neulich in der taz zu lesen war.

     

    Oder nehmen wir Schweden: Auf einer Fläche von durchschnittlich 32 x 32 km² nur je 1 Geothermiekraftwerk mit ca 3 bis 4 km Bohrlochtiefe und durchschnittlich mehr als 2,5 MW elektr. Leistung zu errichten, ergäbe dort fast 1.100 MW Elektrizität, zuzüglich einer großen Menge Wärme.

     

    Norwegen könnte, ähnlich wie Dänemark, sehr viel Windkraft nutzen, ebenso Wellenkraft (z. B. offshore: http://www.wavedragon.net ) u.s.w.

  • H
    Henrik

    Eine ganze artikel über Grænland und kønigskinder. Und kein wort darüber das Frederik schon monate mit Hundeschlitten in Nordgrönland unterwegs war.

     

    (Ich weiss - von eine frühere Arbeit - das er sich wirklich die Inuit-kultur verbunden fühlt. Auch wenn keine Kameras dabei sind).