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Sitz des VerteidigungsministeriumsStandort Scheinhöhe

Politiker jeder Couleur aus der Region kämpfen verbissen um den Verbleib des Verteidigungsministeriums im Bonner Ortsteil Hardthöhe. Vorläufig mit Erfolg.

Vorerst bleibt dieser Tunnel offen: das Verteidigungsministerium in Bonn. Bild: dpa

KÖLN taz | Bonn ist vorerst noch mal davon gekommen, das Aufatmen ist groß. In einer gemeinsamen Erklärung freuten sich am Mittwoch die drei nordrhein-westfälischen Bundesminister Norbert Röttgen (CDU), Daniel Bahr und Guido Westerwelle (beide FDP) über "die Entscheidung des Bundesverteidigungsministers, die Reform der Bundeswehr nicht mit der Bonn/Berlin-Frage zu vermengen und die geplante Verlagerung größerer Teile des Ministeriums von der Hardthöhe nach Berlin zurückzustellen". Das sei "ein positives Zeichen für unsere Region". Ihr Jubel dürfte verfrüht sein: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Verbissen kämpfen Politiker aller Couleur aus der Region seit Jahren um den Verbleib des Bundesverteidigungsministeriums im Bonner Ortsteil Hardthöhe, der aus nichts anderem besteht als aus Gebäuden des Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr. Groß war denn auch der Aufschrei, als im vergangenen Jahr die von Karl-Theodor zu Guttenberg eingesetzte Bundeswehr-Strukturkommission den Komplettumzug von Bonn nach Berlin forderte.

Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maizière versucht es diplomatischer: Anfang der Woche versicherte er dem Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD), die Hardthöhe bleibe erster Dienstsitz seines Ministeriums. Er könne sich sogar "eine Stärkung der Rolle von Bonn als Bundesstadt im Wege einer Standortgarantie für die Hardthöhe mit mehr als 4.000 Bundeswehr-Dienstposten vorstellen".

Mogelpackung

Doch das ist eine Mogelpackung. Denn gleichzeitig kündigte de Maizière an, das das Gros der ministeriellen Dienstposten an die Spree holen zu wollen. Nur noch 500 Dienstposten sollen in Bonn verbleiben, der Standort Berlin soll jedoch auf 1.500 Stellen aufgestockt werden. Bisher hat das Ministerium gut 3.000 Mitarbeiter, von denen 575 in Berlin arbeiten. Kompensiert wird dieser Abgang auch nicht durch das am Mittwoch vorgestellte neue Stationierungskonzept. Durch die Verlagerung von Dienststellen anderer Standorte soll die Anzahl der Bundeswehr-Dienstposten in Bonn zwar von bisher 3.470 nur auf 3.690 steigen. Aber das sind weit weniger als die versprochenen mehr als 4.000.

Bis zu 75 Prozent der Ministeriumsmitarbeiter in Berlin ansiedeln zu wollen, sei ein eklatanter Verstoß gegen die Festlegung des Gesetzes für die ersten Dienstsitze und Politikbereiche in der Bundesstadt Bonn, beklagen einträchtig die regionalen Bundestagsabgeordneten Katja Dörner (Grüne), Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), Ulrich Kelber (SPD) und Paul Schäfer (Die Linke) sowie der Vorsitzende der Bonner CDU, Philipp Lerch. "Wir erwarten jetzt ein Machtwort der Bundeskanzlerin, die der Region eine Einhaltung des Gesetzes wiederholt klar zugesagt hat", fordern sie.

Parteifreund Röttgen in der Bredouille

Mit seinem Pro-Berlin-Kurs schwer in die Bredouille bringt de Maizière vor allem seinen Parteifreund und Kabinettskollegen Norbert Röttgen, der seinen Wahlkreis im Rhein-Sieg-Kreis in der Nachbarschaft Bonns hat. Einen Tag bevor er sich gemeinsam mit Westerwelle und Bahr in Kabinettsdisziplin übte, keilte Röttgen in einer nur an die regionalen Medien verschickten Pressemitteilung kräftig gegen de Maizière.

Der nutze "völlig ohne Not und ohne jegliche sachliche Begründung" die Bundeswehrreform, "um einen erheblichen Teil seines Ministeriums von Bonn nach Berlin zu verlagern", wetterte Röttgen in lokalpatriotischer Pflichterfüllung. Damit erschüttere de Maizière "das Vertrauen unserer Region in die Einhaltung des Bonn/Berlin-Gesetzes schwer".

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