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Silberstreif überm Strafraum

■ Uwe Seeler ab heute HSV-Präsident / Vereinschef Ronald Wulff wurde zurückgetreten / Rest-Präsidium bleibt vorerst im Amt Von Clemens Gerlach

Eine Überraschung ist es nicht, wozu sich Uwe Seeler gestern durchgerungen hat. Er wolle nun doch HSV-Präsident werden, ließ Uns Uwe gemeinsam mit dem amtierenden Schatzmeister Gerhard Flomm per Presseerklärung den Silberstreif überm Strafraum aufleuchten. Bereits heute – begleitet vom Knallen der Sektkorken in der Sport-Redaktion der Bild-“Zeitung“ – übernimmt der 58jährige „kommissarisch“ die Vereinsführung. Präsident Ronald Mallorca Wulff, gestern am Urlaubsort darüber informiert, daß er gefälligst zu demissionieren habe, seufzte erleichtert – und trat zurück.

Entscheidend war jedoch Seelers eigener – ? – Entschluß, nicht mehr die beleidigte Leberwurst zu spielen. Der Kicker-Messias und seine Jünger trafen sich gestern auf Vermittlung von Altpräsident Ernst Naumann mit dem demissionsunwilligen Flomm – mit Erfolg: Für die Übergangszeit bis zur Jahreshauptversammlung am 27. November und der offiziellen Wahl werde man gemeinsam den Bundesligisten führen. „Im Interesse des HSV hat die Vernunft vor Emotionen und Polemik das Handeln bestimmt“, so Flomm und Seeler unisono.

Nach der Jahreshauptversammlung sollen Seelers „Freunde“ Volker Lange und Jürgen Engel Schatzmeister Flomm und Vize-Präsident Hans Schümann ablösen. Der ehemalige Senator Lange und der Hotelier Engel, beide als Vize-Präsidenten eingeplant, sind bis dahin als Berater ins Präsidium berufen. Gleiches gilt für Harry Bähre, vierter Mann im Seeler-Team, nach Beendigung seiner Tätigkeit als Rechnungsprüfer.

Über die von Seeler zur Bedingung gemachte neue Satzung, die auch einen en bloc zu wählenden Aufsichtsrat vorsieht, soll zu einem späteren Zeitpunkt bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung entschieden werden. Ein Aufschub zum Zeitschinden, war doch der „undemokratische Entwurf“ der neuen Satzung (Flomm) erst vorgestern vom ehemaligen HSV-Präsidenten, dem Juristen Dr. Wolfgang Klein, als „Mist und Schrott“ zerpflückt worden. „Aufgrund der bisherigen Diskussion wird die neue HSV-Satzung im weiteren Verfahren ausführlich beraten werden“, ist der Erklärung zu entnehmen. Die für den Aufsichtsrat vorgesehenen Mitglieder, u.a. Ex-Innensenator Werner Hackmann, sollen gebeten werden, bis zu einer Satzungsänderung in einem Beirat mitzuwirken.

Für Trainer Benno Möhlmann dürfte mit Seelers Antritt die Tätigkeit beim HSV demnächst beendet sein. Auf Dauer sei eine Veränderung auf dem Trainerposten sicherlich notwenig, „da zu viel Porzellan zerschlagen wurde“, hatte Seeler erklärt. Ein Trainer werde am Erfolg gemessen, und der fehle Möhlmann eben.

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