piwik no script img

Sicherheitskräfte im AuslandWertarbeit für Diktatoren

Deutsche Polizisten und Soldaten bilden offenbar gerne die Sicherheitskräfte autoritärer Staaten aus - nicht nur in Libyen, sondern auch in China und Usbekistan.

Dass die Bundeswehr im autoritär regierten Usbekistan eingesetzt wird, war bekannt. Neu ist, dass das BKA hier Personenschützer geschult haben soll. Bild: dpa

KÖLN taz Die libysche Regierung scheint geradezu versessen auf deutsches Polizeitraining gewesen zu sein. Immer wieder baten Vertreter des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi in den vergangenen Jahren um praktische Hilfe bei der Schulung von Polizeieinheiten. Es hätten mehrere Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) stattgefunden, bestätigte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Wochenende in Berlin. Auch habe es solche Begegnungen mit Steinmeier in seiner vorigen Position als Kanzleramtschef gegeben.

Die Bundesregierung habe aber stets eine staatliche Beteiligung an der Ausbildung abgelehnt, heißt es aus dem Amt weiter - trotz des libyschen Drängens

Wie mittlerweile bekannt, erledigte stattdessen eine private Sicherheitsfirma, die BDB Protection aus dem niedersächsischen Wiesmoor, mit Wissen des Bundesnachrichtendienstes den lukrativen wie anrüchigen Job. Mehr als 30 aktive und ehemalige Polizisten, Bundeswehrangehörige und Spezialisten mit GSG-9-Hintergrund sollen an dem privatwirtschaftlichen Einsatz im nordafrikanischen Wüstensand beteiligt gewesen sein. Wie viele es genau waren, ist allerdings immer noch unklar. So hat das nordrhein-westfälische Innenministerium inzwischen eingeräumt, dass mehr Polizisten aus dem Bundesland als zunächst bekannt in den Skandal verstrickt sind. Zusätzlich zu den bisher bekannten acht Fällen "könnten drei weitere aktive und drei ehemalige Polizeibeamte disziplinarrechtlich betroffen sein".

Um gegen ein fünfstelliges Honorar ihrer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgehen zu können, hätten sich einige der beteiligten SEK-Beamten bis zu sechs Monate unbezahlten Sonderurlaub genommen, andere auch einfach krankschreiben lassen. Die Bundesregierung hat sich ebenfalls korrigieren müssen. Hatte sie zunächst beteuert, mit Ausnahme eines Feldjägers hätten sich keine aktiven Bundesbeamten oder Soldaten an den Schulungen beteiligt, bestätigte das Verteidigungsministerium nun, dass auch gegen einen zweiten Soldaten, einen Reservisten, disziplinarrechtlich ermittelt wird.

Doch damit könnte es noch nicht getan sein. Laut den Aussagen eines ehemaligen Polizisten, der nach eigenem Bekunden im Jahr 2006 am Training in der libyschen Hauptstadt Tripolis beteiligt war, waren noch mehr aktive Soldaten involviert. Es habe sich dabei ebenfalls um Feldjäger gehandelt. "Sie alle stammten aus dem Bereich Personenschutz", sagte der Exbeamte dem Westfalen-Blatt. In zwei Gruppen sollen die Libyer von den deutschen Sicherheitskräften ausgebildet worden sein. Für die erste, rund 150 libysche Polizisten umfassend, sei die Stammbelegschaft der BDB Protection zuständig gewesen. Die andere Gruppe, 30 Angehörige von Gaddafis Geheimpolizei, sei von "zahlreichen aktiven Polizisten und Soldaten aus mehreren Bundesländern, die für ein oder zwei Wochen aus Deutschland eingeflogen wurden", als Personenschützer geschult worden.

Auch das kommunistische Regime in China hat sich in jüngster Zeit offenkundig deutschen Sicherheitsknowhows bedienen dürfen. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete, bildete das Bundeskriminalamt (BKA) in den vergangenen zwei Jahren chinesische Personenschützer aus. Die Ausbildung habe im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen gestanden.

Im ebenfalls autoritär regierten Usbekistan, wo die Bundeswehr den Flughafen Termes als Stützpunkt für ihren Afghanistan-Einsatz nutzt, soll das Bundeskriminalamt ebenfalls Personenschützer ausgebildet haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!