Sicherheitskonzept beim Nord-Derby: Fans verweigern Busse
Ultras von Werder Bremen wollen nicht mehr in den Shuttle-Bus und mit der Hamburger Polizei über eine alternative Anreise zum Derby beim HSV sprechen.
Während die Hamburger Polizei sich mit Hochdruck auf das kommende Stadt-Derby vorbereitet, wirft bereits ein anderes "Risikospiel" seine Schatten voraus. Am 19. Februar empfängt der Hamburger SV den Nordrivalen Werder Bremen.
Die Spannung zwischen beiden Fangruppen ist seit dem Vierfach-Derby im Frühjahr 2009 gestiegen. So wurde nach dem Bremer Sieg im Uefa-Pokal-Spiel am 7. Mai ein Bus mit Bremer Fans mit Steinen und Böllern angegriffen. "Der Bus wurde quasi entglast und alle saßen wie auf dem Präsentierteller," erinnert sich Boris von der Bremer Ultra-Gruppierung Infamous Youth. "Die Polizei ist nicht in der Lage, die Busse zu schützen. Vor allem auf dem Rückweg im Dunkeln, wenn es sich mit den HSV-Fans vermischt."
Aus diesem Vorfall zogen 200 Bremer Ultras beim letzten Derby die Konsequenz und hielten sich nicht an die von der Polizei vorgegebene Anmarschroute, die mit der S-Bahn bis Othmarschen und von dort mit Shuttle-Bussen zum Stadion führt. "Wir haben uns über Umwege auf den Weg gemacht und sind bis kurz vorm Stadion ohne Polizeibegleitung gefahren - ohne jede Auseinandersetzung mit irgendwelchen HSV-Fans, denen wir natürlich begegnet sind."
Beim Hinspiel in Bremen kam es zu einer Panik im Gästeblock, nachdem die Hamburger Gäste noch 24 Minuten nach Spielschluss in der Westtribüne festgehalten wurden.
HSV-Anhänger und Polizisten stürzten eine Treppe hinunter, es gab mehrere Verletzte, ein HSV-Fan musste wiederbelebt werden.
Laut einem Gutachten des Duisburger Panikforschers Michael Schreckenberg sind weder HSV-Fans noch die Bremer Polizei schuld an dem Unfall.
Diesen Coup hätten die Bremer Ultras am 19. Februar wiederholen können, entschieden sich jetzt aber dafür in die Öffentlichkeit zu gehen, um laut Boris zu zeigen, "dass wir bereit sind, mit den zuständigen Institutionen in Kontakt zu treten und gemeinsam ein besseres Konzept zu finden." In einem offenen Brief, den sie am Montag abschickten, beschreiben sie ihre Erfahrungen mit dem Bus-Transfer von Othmarschen.
Es dränge sich "der Charakter eines Vieh-Transportes geradezu auf, wenn hunderte von Fans regelrecht in die oftmals zu wenigen vorhanden Busse in Othmarschen gedrängt werden", heißt es in dem Brief. "Wir fordern, dass sich die zuständigen Institutionen für eine zum Bus-Shuttle alternative Variante entscheiden."
Ein Alternativ-Vorschlag ist im Brief noch nicht genannt. Boris favorisiert im Gespräch mit der taz nord eine Rückkehr zur alten Streckenführung, die ab der S-Bahn-Haltestelle Stellingen einen Fußmarsch zum Stadion vorsah. "In Busse gehen wir nicht mehr rein, unserer Meinung nach ist die Situation in Stellingen für die Polizei wesentlich einfacher zu handeln."
Das sieht die Hamburger Polizei, wo am Dienstag noch niemand von dem Brief wusste, anders. Sprecher Mirko Streiber erklärt zwar die Gesprächsbereitschaft, hält die Anreise über den S-Bahnhof Othmarschen aber für alternativlos. "Das ist ein Risikospiel und da ist eine strikte Fantrennung zu gewährleisten. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, das Stadion zu erreichen und der Anmarsch über Stellingen ist den HSV-Fans vorbehalten. Die Anreise über Othmarschen ist die schonendste Alternative."
Der Angriff 2009 sei "bedauerlich, aber ein Einzelfall" gewesen. "Der Shuttle ist schon ein Sonderservice. Man kann im Gespräch klären, ob die Fans von Othmarschen zu Fuß gehen wollen", so Streiber. Der Fußmarsch von dort ist mit 4,5 Kilometern jedoch mehr als doppelt so lang als der vom Bahnhof Stellingen.
Das Bremer Fan-Projekt unterstützt nach Auskunft ihres Leiters Thomas Hafke die Initiative und hofft auf eine positive Reaktion der Hamburger Polizei. Die Fan- und Mitgliederbetreuung von Werder Bremen will sich ebenfalls mit den Ultras zusammensetzen. "Wenn die Vorschläge sinnvoll sind, vor allem was Sicherheitsbelange angeht, werden wir erst mit der Bremer Polizei sprechen und uns dann gegebenenfalls an die Verantwortlichen in Hamburg wenden", sagte Abteilungsleiterin Julia Ebert.
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