Sicherheit auf der Gorch Fock: Haltegriff für's Segelschiff
Nach zwei Todesfällen auf dem Schiff sollen Leitern rutschfest und die Besatzung fitter werden. Nicht alle Risiken lassen sich ausschließen.
BERLIN taz | Der Fall brachte den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ins Wanken: Im November 2010 stürzte eine 25-Jährige Offiziersanwärterin aus 27 Meter Höhe aus der Takelage der „Gorch Fock“ und starb. Es war nicht der erste Todesfall auf dem Segelschulschiff in der näheren Vergangenheit.
Bereits im Jahr 2008 ging eine 18-jährige Offiziersanwärterin auf der Nordsee über Bord und kam ums Leben. Wegen der Fälle wurde heftig über die Sicherheit auf der „Gorch Fock“ diskutiert – sogar die sogenannte Pommerin-Kommission wurde eingesetzt.
Deren Ergebnisse liegen bereits seit dem vergangenen Jahr vor. Doch erst jetzt ist auch klar, was von den Empfehlungen umgesetzt wird. Am Mittwoch sollen die Vorstellungen des Verteidigungsministeriums im Bundestagsausschuss vorgestellt werden. Klar ist: Nur ein Teil der Verbesserungsvorschläge im Bereich Sicherheit, Fitness oder Aufsicht werden Realität auf der „Gorch Fock“.
Insbesondere im Bereich der Sicherheit hielt sich das Verteidigungsministerium nicht vollständig an die sehr weit gehenden Vorschläge der Pommerin-Kommission. So wollte die Kommission gerne die Offiziersanwärter durch seitliche Sicherungsseile auch beim Aufstieg vor dem Absturz aus der Takelage schützen.
Dafür gebe es jedoch „keine praktikable technische Lösung“, wendet für das Verteidigungsministerium Staatssekretär Thomas Kossendey in seinem Schreiben an die Ausschussmitglieder ein. Stattdessen sollen in Zukunft Steighilfen an kritischen Stellen und Übergängen installiert werden, Leitern sollen rutschfester gemacht werden.
Ausbildung verlängert
Andere Punkte sind weniger strittig. So wird etwa die Segelvorausbildung auf zehn Tage verlängert werden, die Ausbildung an Bord sogar von sechs auf sieben Wochen. Um die körperliche Fitness der Anwärterinnen und Anwärter zu verbessern, soll an der Marineschule in Mürwik eine Übungs-Takelage gebaut werden. Auch die Anzahl der Sportstunden soll steigen.
Trotz all der Veränderungen, wenden Fachleute ein, wird völlige Sicherheit auf der „Gorch Fock“ nicht hergestellt werden können. „Die Offiziersarbeit in der Seefahrt bleibt bestimmten Risiken ausgesetzt“, sagt der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels, „man kann nicht alles technisch lösen“.
Selbst wenn sich alles lösen ließe: Die „Gorch Fock“ steht unabhängig von der Sicherheit an Bord vor weiteren Problemen. Bereits seit Ende des Jahres wird sie auf Rostschäden untersucht, die im Laufe der Jahre die Dicke der Außenwand teilweise um die Hälfte verringert haben.
Noch ist unklar, wie lange die Untersuchungen dauern werden – und wie teuer die Instandsetzung wird. Auch das soll im Ausschuss besprochen werden. Es gibt also noch einige Hürden, bis die „Gorch Fock“ wieder als Segelschulschiff auslaufen wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag