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Sexuelle Gewalt in Heimen"Kinder der Sünde"

Die Missbrauchs-Debatte ist eine Zwei-Klassen-Diskussion, in der das Schicksal der Heimkinder kaum vorkommt, sagt Erziehungsexperte Manfred Kappeler. Und erklärt, warum das so ist.

"Rund 800.000 Heimkinder waren der Institution ausgeliefert." Bild: apn
Interview von Daniela Zinser

taz: Herr Kappeler, seit Jahrzehnten beschäftigen Sie sich mit den Schicksalen jener, die nach dem Krieg in christlichen und anderen Kinderheimen Opfer von Gewalt - auch sexueller - wurden. In der Öffentlichkeit wurde dies kaum skandalisiert, ganz im Gegensatz zu den Missbrauchsfällen nun. Warum?

Manfred Kappeler: Wenn es die Eliteschulen und damit die bürgerlichen Schichten, die sogenannten tragenden Säulen der Gesellschaft, trifft, dann gibt es einen Aufschrei. Und den ja zu Recht. Aber für die Heimkinder, die schon immer abgeschrieben und ausgegrenzt waren, ist das bitter und empörend. Sie sind offenbar keine relevante Gruppe für die öffentliche Diskussion.

Seit wann sind die Fälle der Heimkinder bekannt?

Ich habe gerade auf dem Trödel ein Buch von 1952 gefunden, in dem die sexuelle Gewalt von Männern wie Frauen an Heimkindern bereits beschrieben ist. Und seit sieben Jahren gibt es ja eine Debatte um die Heimerziehung in den Fünfziger- und Sechzigerjahren und die Opfer kämpfen darum, anerkannt zu werden - und erzwangen über den Petitionsausschuss erst einen runden Tisch. In den Medien wird das eher am Rande abgehandelt. Aber bereits in der Petition an den Bundestag 2006 spielte die sexuelle Gewalt an den Heimkindern eine zentrale Rolle. Doch im Zwischenbericht des runden Tisches dazu ist das nur mit drei Sätzen angesprochen. Eine Woche nachdem der Bericht vorgestellt wurde, wurden die Fälle im Canisiuskolleg bekannt - und schon ist von Entschädigung die Rede. Weder von den Ministerinnen, die sich dazu geäußert haben, noch von der Kanzlerin wurde auch nur mit einem Satz eine Verbindung zu den Heimkindern hergestellt. Es ist eine Zwei-Klassen-Diskussion.

Inwiefern?

Der Tenor der Berichterstattung ist immer: Wie kann das an einer Eliteschule passieren? Aber die Negativfolie davon ist ja: Wenn das in irgendwelchen Heimen passiert, wo die Kinder eh schon aus unterprivilegiertem Milieu kommen, dann gehört das irgendwie dazu. Dabei hatten die Kinder an Eliteschulen zumindest an der Oberfläche intakte Familien, zu denen sie am Wochenende und in den Ferien gefahren sind. Die rund 800.000 Heimkinder waren der Institution ausgeliefert. Und wenn sie sich überhaupt jemals jemandem anvertraut haben, dann hieß es: Du lügst und stiehlst, du bist verwahrlost, deshalb bist du hier und nun belastest du die, die sich um dich kümmern.

In der Diskussion nun spielt auch Missbrauch durch Nonnen kaum eine Rolle. Warum?

Im Prinzip wird immer relativ selbstverständlich davon ausgegangen: Das kann nicht sein, wie soll das gehen? Dabei gab es das in den Heimen vielfach. Ich kenne den Bericht einer Frau, die von einer Nonne mit einem Stock penetriert wurde, Knaben wurden gewaltsam zum Orgasmus gebraucht. In manchen Fällen war auch der Beichtvater Kristallisationspunkt der sexuellen Gewalt und die Nonnen Gehilfinnen.

Wie passen christliche Lehre und diese Form von Gewalt zusammen?

In einer meiner Veröffentlichungen beschreibe ich den Bericht einer Nonne, die einen sieben- oder achtjährigen Knaben dabei erwischt, wie er an sich rumspielt. Sie gerät außer sich, schleift ihn ins Bad und taucht ihn unter Wasser, bis er blau anläuft und sie plötzlich erkennt: Ich bin dabei, dieses Kind umzubringen. Danach ist sie, entsetzt über sich selbst, aus dem Orden ausgetreten. Diese Frauen - katholische Ordensschwestern genauso wie Diakonissen - hatten keine Form der Ausbildung oder Reflexion darüber, was sie da tun. Die christliche Auffassung war damals: Diese - oft unehelichen - Kinder sind schon Kinder der Sünde, die müssen wir ihnen austreiben. Sie verführen uns, sie sind die Schuldigen. Manche Nonnen und Priester haben selbst schon ähnliche Erfahrungen gemacht in der abgeschlossenen Klosterwelt, in der sie erzogen wurden.

Was müsste getan werden, um den Betroffenen Recht geschehen zu lassen?

Es müsste eine umfassende gesellschaftliche Rehabilitation für die Heimkinder geben. Das setzt voraus, dass das System der Jugendfürsorge damals als Unrechtssystem anerkannt wird und die Taten als Menschenrechtsverletzungen. Eine finanzielle Anerkennung dürfte nicht nur symbolisch sein - und es müsste alles dafür getan werden, dass nie wieder solche Verhältnisse entstehen.

Erwarten Sie, dass sich mit dem neuen runden Tisch etwas ändert?

Nicht, wenn die Missbrauchsbeauftragte Christine Bergmann bei der Ernennung schon sagt, ein Ziel des runden Tisches sei die Versöhnung. Es ist eine Unverschämtheit, von den Opfern zu erwarten, dass sie vergeben und sich versöhnen sollen. So wie dieser runde Tisch angelegt ist, soll er im Wesentlichen der Problementschärfung dienen. Aufarbeiten und dann ab damit auf den Müllhaufen der Geschichte. Man kann solches Gewalthandeln nicht aufarbeiten, sondern nur vorbehaltlos aufklären. Aber das setzt den Willen zur Wahrhaftigkeit voraus.

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15 Kommentare

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  • T
    Tomcat

    Ich hatte ebenfalls solche perversen Nonnen im Heim erlebt, die Kinder schlugen und erniedrigten, zwanghaft zur Arbeit und in die Kirche trieben. Solche Nonnen sind keine Frauen, es sind Hexen, die man verbrennen sollte.

  • P
    Paul

    an das ehemalige Heimkind. Auch ich bin ein ehemaliges Heimkind. Was mit und ob mir im Heim etwas angetan wurde, kann ich nicht beschreiben. Nur ganz dumpfe Erinnerungen sind da. Erinnerungen an einen dunklen Raum. Vllt. war es ein gottgewolltes Schicksal, dass ich so mit 6 Jahren zu Pflegeeltern kam, vllt. Meine jüngeren Geschwister hatten weniger das Glück. Sie bekamen mit voller Wucht die kath. Geisel zu spüren. Sie wurden geschlagen, gequält, gegängelt. Alle Arten von Sadismus wurden an meinen Geschwistern und anderen Heimkindern von Seiten einiger Nonnen ausgelebt. Nicht von allen. Ansatzweise deutete die Badische Zeitung die Gewalt in Rickenbach an. Am ehesten kann ich das, was mit meinen Geschwister dort geschah, vergleichen mit einem Zahnrad, das Tag für Tag seine Zacken tief in die Seelen der jungen Menschen grub. Es war keiner da, der das Zahnrad stoppte. Ich kann nur jedes ehemalige Heimkind ermundern, jetzt das Schweigen zu brechen. Jetzt, solange noch Zeitzeugen leben, solange noch die Schuldigen leben. Heimkind öffne deine Seele, nimm sie in die Hand und schreibe, berichte, was dir an Leid widerfahren ist. Falle nicht zurück. Du bist stark, du bist mutig, du hast die Sprache, das konnten sie dir nicht nehmen, sei ein Feuerreiter!

  • H
    Holger

    Versuche meine Heimaufenthalte 1960-62 in drei verschiedenen Heimen auzuarbeiten.bin in Benninghausen

    zu Zwangsarbeit bei HELLA angehalten worden eigesperrt

    meiner Freiheit beraubt- jetzt 100% schwerbehindert muß

    von kleiner Rente leben.Das damalige einweisende Jugendamt mauert und bestreitet meine Vorwürfe-weil Akte fehlt.Die haben sofort ihre GVV Versicherung eingeschaltet weil evtl Schadenersatz.Vomn anderen Stellen runder Tisch Bodelschwinghsche Anstalten kommt erst keine Antwort.Fazit: Man glaubt einem nicht-und wartet auf die biologische Lösung! man hat ja mit 65Jahren nicht mehr viel Zeit Frau Vollmer gehört durch Prof.Dr.Kappeler ersetzt-dann würde sich etwas ändern

  • KK
    Klaus Klüber - www.ex-heimkinder.de

    Keppeler sei Dank, dass diese verdammte Heuchelei endlich mal beim Namen genannt wird.

    Denn ähnlich wie Herr Prof. Kappeler nehme ich gleichfalls die 2.-Klassenbehandlung wahr, die nicht mal vor Gewaltopfern halt macht und den Medien in höchst willkommener Weise dazu dient, die kirchliche Autorität wie eine zum Abschuss freigegebene Sau durchs Dorf/Land zu treiben.

     

    Dabei decken die genannten Übergriffe in Eliteschulen und Internaten so schlimm sie auch immer sind, nun wirklich nur mehr einen Bereich ab, der gegenüber der täglichen Gewalt und Missbrauchserfahrungen an Kindern nicht mal im Promillebereich zu erfassen ist.

    Aber da es hier um 1.-Klasse Opfer ging, standen ihnen schon mit den ersten Vorwürfen Medien und hochrangige Politikvertreter beflissen mit Vorschlägen zu runden Tischen und Entschädigungslösungen/Forderungen zur Seite.

     

    KEIN WORT mehr zu Heimkindern, denen in weit größerer Anzahl Unrecht angetan wurde und vor allem, was mich persönlich auf die Palme bringt, KEIN WORT zu den gegenwärtigen Opfern von Vernachlässigung- Gewalt und Missbräuchen, die aufgrund widrigster häuslicher Zustände noch immer Tag und Jahr Hunderttausendfach in Heimobhut genommen werden und damit für die Verfehlungen und Versäumnisse dieser scheiß Gesellschaft büßen müssen!!!

     

    Meine Fresse, wann hört dieser Irrsinn endlich auf!!!

    Wann und unter welchen Umständen sind unsere Medien endlich bereit, dieses tief verankerte Gesellschaftsproblem aufzugreifen und einer öffentlichen Diskussion zuzuführen?

    Wie viele tote, missbrauchte und zerschundenen Kinder benötigen wir noch, bis sich endlich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit bildet, dass wir zum Schutz von Kindern und der Gesellschaft Präventionsprogramme benötigen die nur durch konsequente Bildungsangebote zu erzielen sind, für die ich inzwischen seit Jahren werbe. Doch während sich nahezu alle normale Bürger spontan mit meinen verfassten Primärzielen identifizieren können, die da lauten:

     

    Gewaltprävention

    Eigen- und Sozialverantwortungsbildung

    Elternvorbereitung

    wie individuellen Förderung zur eigenen Berufung

     

    verweigern sich ausgerechnet unsere angeblichen Bildungseliten, wie auch politischen und sozialen Verantwortungsträger, diesen überaus nachvollziehbaren und hilfreichen Ideen anzunehmen.

     

    Wenn ich nun sehe, dass auch die geplante Heimkinderdemonstration die vordergründig gegen die kalte Aussperrung am runden Tisch in Berlin und mangelnden Entschädigungswillen der Kirchen gerichtet ist, von den Medien immer mehr instrumentalisiert wird, um 1.-Klasse Opfern der Eliteschulen zu schnelleren Entschädigungen zu verhelfen, da bliebt mir fast die Spucke weg.

    Aber ich will und werde nicht sprachlos bleiben, sondern möchte an alle Betroffenen appellieren sich gleichfalls für Schutzmaßnahmen stark zu machen, die wenigstens künftige Kindergenerationen vor Gewalt, Vernachlässigung und Gewalt schützen.

    Herzlichen Dank

    Klaus Klüber www.ex-heimkinder.de/Ziele.htm

  • KK
    Klaus Klüber - www.ex-heimkinder.de

    Keppeler sei Dank, dass diese verdammte Heuchelei endlich mal beim Namen genannt wird.

    Denn ähnlich wie Herr Prof. Kappeler nehme ich gleichfalls die 2.-Klassenbehandlung wahr, die nicht mal vor Gewaltopfern halt macht und den Medien in höchst willkommener Weise dazu dient, die kirchliche Autorität wie eine zum Abschuss freigegebene Sau durchs Dorf/Land zu treiben.

     

    Dabei decken die genannten Übergriffe in Eliteschulen und Internaten so schlimm sie auch immer sind, nun wirklich nur mehr einen Bereich ab, der gegenüber der täglichen Gewalt und Missbrauchserfahrungen an Kindern nicht mal im Promillebereich zu erfassen ist.

    Aber da es hier um 1.-Klasse Opfer ging, standen ihnen schon mit den ersten Vorwürfen Medien und hochrangige Politikvertreter beflissen mit Vorschlägen zu runden Tischen und Entschädigungslösungen/Forderungen zur Seite.

     

    KEIN WORT mehr zu Heimkindern, denen in weit größerer Anzahl Unrecht angetan wurde und vor allem, was mich persönlich auf die Palme bringt, KEIN WORT zu den gegenwärtigen Opfern von Vernachlässigung- Gewalt und Missbräuchen, die aufgrund widrigster häuslicher Zustände noch immer Tag und Jahr Hunderttausendfach in Heimobhut genommen werden und damit für die Verfehlungen und Versäumnisse dieser scheiß Gesellschaft büßen müssen!!!

     

    Meine Fresse, wann hört dieser Irrsinn endlich auf!!!

    Wann und unter welchen Umständen sind unsere Medien endlich bereit, dieses tief verankerte Gesellschaftsproblem aufzugreifen und einer öffentlichen Diskussion zuzuführen?

    Wie viele tote, missbrauchte und zerschundenen Kinder benötigen wir noch, bis sich endlich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit bildet, dass wir zum Schutz von Kindern und der Gesellschaft Präventionsprogramme benötigen die nur durch konsequente Bildungsangebote zu erzielen sind, für die ich inzwischen seit Jahren werbe. Doch während sich nahezu alle normale Bürger spontan mit meinen verfassten Primärzielen identifizieren können, die da lauten:

     

    Gewaltprävention

    Eigen- und Sozialverantwortungsbildung

    Elternvorbereitung

    wie individuellen Förderung zur eigenen Berufung

     

    verweigern sich ausgerechnet unsere angeblichen Bildungseliten, wie auch politischen und sozialen Verantwortungsträger, diesen überaus nachvollziehbaren und hilfreichen Ideen anzunehmen.

     

    Wenn ich nun sehe, dass auch die geplante Heimkinderdemonstration die vordergründig gegen die kalte Aussperrung am runden Tisch in Berlin und mangelnden Entschädigungswillen der Kirchen gerichtet ist, von den Medien immer mehr instrumentalisiert wird, um 1.-Klasse Opfern der Eliteschulen zu schnelleren Entschädigungen zu verhelfen, da bliebt mir fast die Spucke weg.

    Aber ich will und werde nicht sprachlos bleiben, sondern möchte an alle Betroffenen appellieren sich gleichfalls für Schutzmaßnahmen stark zu machen, die wenigstens künftige Kindergenerationen vor Gewalt, Vernachlässigung und Gewalt schützen.

    Herzlichen Dank

    Klaus Klüber www.ex-heimkinder.de/Ziele.htm

  • S
    stigma

    Habe es gerade durch, ein (nichtsexueller) Übergriff als Erwachsene wurde mir nicht geglaubt, weil ich aufgrund meiner Vergangenheit zu empfindlich sei (die Psychologin kannte mich gerade 5 min und hatte mich noch gar nicht zum Tathergang befragt, also eindeutig Vorurteil!) Nicht-Mittelständler , Gewaltopfer, Kinder psych.Kranker, alles Opfer 2. Klasse. Der Artikel benennt es, aber wie weiter? Demokratietraining für Fachpersonal?

  • AL
    Alexandra Lichtenstern

    DANKE AN "EHEMALIGES HEIMKIND":

     

    Sie sprechen mir aus der Seele! Natürlich ist das Hauptanliegen, die Betroffenen so schnell wie möglich wieder zum Schweigen zu bringen - die ganz wenigen, die darüber sprechen. Auch einer Frau, die ich sehr gut kenne, geht es so, dass sie bislang nicht den Mut hatte, wegen der drei Priester, durch die sie sexualisierte Gewalt erlitt, etwas zu unternehmen.

     

    Mangels Beweisen (wie denn auch?) muss sie fürchten, eine Klage auf Unterlassung angehängt zu bekommen, wenn sie "den Mund aufmachen" würde. Sie ist fieberhaft am Überlegen, welche Möglichkeit sie hat, diejenigen, die ihr das angetan haben, dazu zu bringen, dass sie damit aufhören. Denn sie ist überzeugt, dass sie nicht die erste und auch nicht die letzte war. Soll sie etwa Ihnen selbst einen Brief schreiben? Vor fünf Wochen schrieb sie eine Mail an einen Diözesanverantwortlichen. Bis heute kam noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung.

     

    Dass sie beruflich und finanziell abhängig ist von dieser Institution, macht die Sache nicht leichter.

     

    Das, was jetzt an "runden Tischen" etc. läuft, ist für sie eine ganz grosse Augenwischerei. Und soll es auch sein. Damit, wie bereits jemand äusserte, man so schnell wie möglich wieder einen Normalisierungsprozess einleiten könne. Eben. Es ist "normal", dass Jungen und Mädchen, Abhängigen, Behinderten, Alten - ja, auch abhängigen Erwachsenen - Gewalt angetan wird (ich möchte nicht wissen, welches Ausmass das in Altersheimen hat) in unserer Gesellschaft.

     

    Es ist ein Skandal. Aber eben, von denen, die das alles selbst erleiden mussten, hört man wenig. Klartext traut sich selten jemand zu sprechen. Da sind dann auch noch die, die bereits vom eigenen Vater, der eigenen Mutter (leiblichen oder Stiefeltern) misshandelt und/(oder missbraucht wurden. Die sich dann in späteren Jahren, nachdem das alles "hochkam", was lange verdrängt war, vertrauensvoll an ihren Seelsorger wandten mit der Frage:

    "Warum ich? Wie kann Gott das zulassen? Was habe ich böses getan? Nichts habe ich g e t a n , was dieses alles rechtfertigen würde. Ja, dann muss ich wohl böse s e i n - q u a e n s . Anders liess sich das nicht erklären. Teufelskind. Abgrundtief böse, jede Zelle. Herausgefallen aus allem, was gültig ist für Gottes- und Menschenkinder. Da war kein Gott mehr. Nicht mehr für dieses Kind. Jemand, dem so etwas geschieht, das kann gar nicht anders sein, als dass dieses Kind eine Ausgeburt des Bösen höchstpersönlich ist, quasi "Rosemaries Baby", nur nach aussen hin nicht sichtbar. Auf den ersten Blick - und doch w e i s s es jeder.

     

    Und der Seelsorger, an den sie sich vertrauensvoll wandte, nachdem all das wieder hochgekommen war, er hatte nichts besseres zu tun, als ihre Verzweiflung, ihre Scham, ihre Suche nach Halt auszunutzen und sie wiederum für seine eigene sexuelle Lustbefriedigung zu benutzen. Einer, und noch einer und wieder einer.

     

    Dann noch ein "Gutachter", der ihr nicht glaubte, als sie es ihm erzählte: "Dasss kann ich mir nicht vorstellen," sagte er, "wissen Sie, mein Bruder ist nämlich auch Priester." - Kurz zuvor sagte dieser Gutachter (es ging um eine Berufsunfähigkeitsrente), nachdem sie ihm sagte, dass die Mutter dabeigestanden war, sie quasi zum Vater hingeschoben habe, damit... ebenfalls: "Dasss kann ich mir nicht vorstellen. Wissen Sie, ich hatte auch eine Mutter." Tja, und derselbe Gutachter schaute sie dabei an wie eine Lügnerin, als sie erzählte, was da passiert war - was ihr verdammt schwer fiel, Kloss im Hals, Worte wollten nicht kommen, sie hatte Angst, ohnmächtig zu werden - er fragte doch glatt: "Und warum haben Sie niemandem davon erzählt?" Als 7-jähriges Kind? Die Mutter hat ihr immer mit dem Heim gedroht! S i e wäre als Lügnerin dagestanden. Und hätte nicht nur die Hölle im Elternhaus gehabt, sondern danach auch noch die Hölle im Heim - das wusste sie, das war ihr angedroht worden.

     

    Und während sie die Fragen des Gutachters über sich ergehen lassen musste, lag sie - nur mit Unterhose und BH bekleidet - fröstelnd vor ihm auf einer Liege in einem Arztzimmer, ganz allein mit diesem Mann, der über seinen Bauch hinweg verächtlich auf sie herabsah und immer mal wieder sagte: "Dasss kann ich mir nicht vorstellen." Tja. Schon gar nicht von einem Priester.

     

    Tja, Herr Dr. G., vermutlich lügen alle, von denen man da jetzt so Böses erfährt. Ist ja auch klar. Sind ja Opfer. Opfer lügen alle. Das weiss man(n) ja. Schon gar als "Gut(!)achter". Sind ja asozial. Sowas tut man nicht. Darüber spricht man nicht. Das ist nicht loyal dieser Gesellschaft gegenüber, schon gar nicht der Kirche. Aber eben, so sind sie die Opfer. Höchste Zeit wird es, dass sie sich versöhnen und vergeben. Wie, nicht können? Die wollen das gar nicht! Sag ich's doch: Stur und verstockt! Selber schuld. Ganz recht ist ihnen geschehen. Pack, Heimkinder, Psychiatriepatienten. Und dann auch noch Rente beantragen wollen. Uns auf der Tasche liegen. Sozialschmarotzer.

     

    Wie? Professorin? Rechtsanwalt? LehrerIn? Arzt? Psychologin? Kann nicht sein.

     

    Kann es doch. Nur - kaum eine/r aus diesen Berufen "outet" sich. Das wäre rufschädigend. Ein Psychiater im Anstellungsverhältnis, der sich "outet" muss gewärtig sein, dass ihm nahegelegt würde, doch einen anderen Beruf zu ergreifen, schliesslich wäre er "befangen". Nicht neutral genung. Eine Psychotherapeutin, die mit Tätern arbeiten sollte, würde man vermutlich gar nicht erst einstellen, wüsste man, dass diese Frau selbst "Betroffene" war. Wenn nicht gar aus Opfern wieder Täter gemacht werden, indem man behauptet, jemand, der selbst missbraucht wurde, von dem wisse man nie, ob der nicht auch... könnte ja gemeingefährlich sein. Und deshalb, auch deshalb, schweigen so viele. Um der neuerlichen Stigmatisierung zu entgehen. Der Gefahr, die Arbeit zu verlieren, die Wohnung, den Freundeskreis, vielleicht sogar das Land verlassen zu müssen? Schon gehabt.

     

    Es fällt ihr oft schwer, den Mund zu halten. Noch zehn, 15 Jahre... Vielleicht, wenn sie einmal in "Rente" ist (besser gesagt in "Grundsicherung", da ihr aufgrund fortgesetzter Missbrauchssituationen eine langjährige Berufstätigkeit nicht möglich war), gehört auch sie mit zu denen, die sich dann zeigen können und nicht mehr schweigen müssen. Falls sie dann noch die Kraft dazu hat. Wünschen würde sie es sich. Verjährt ist es ohnehin alles. Die Täter sind dann etwa 85, wenn sie dann noch leben, einer um die 60.

     

    Sie ist sich ganz sicher, dass sie weiter machen. Aber mangels Beweisen... Und sie sind sehr mächtig. In hohen kirchlichen Funktionen. Da wirft frau nicht ungestraft mit Steinen. Schon gar nicht, wenn sie im Glashaus sitzt...

     

    Danke, nochmals, "ehemaliges Heimkind"

  • HJ
    Helmut Jacob

    Versöhnung? Frau Bergmann, Sie machen sich lächerllich!

    Es ist unfaßbar! Der zweite Runde Tisch, der noch nicht installiert ist, verkommt jetzt schon zu einem Kaffeekränzchen. Christine Bergmann schwadroniert schon jetzt, ähnlich wie Antje Vollmer vor Beginn ihres Tisches irgend etwas von Versöhnung. Sie wäre ehrlicher rübergekommen, wenn sie von Verhöhnung, nämlich der Opfer, gesprochen hätte. So einfältig kann sie doch wirklich nicht sein. Sie weiß genau, daß Versöhnung das Ende einer ganz langen Aufarbeitungskette ist. Erst, und daß Frau Bergmann in Ihre Agenda, erfolgt die Schadensanalyse. Diese Verbrechen kann man hochrechnen. Schließlich hat der Vollmer-Tisch Vorarbeit geleistet, quillt das Internet über von Tatsachenberichten. Außerdem bräuchte sie nur Professor Kappeler an der Runden Tisch einzuberufen und hätte mit seiner Hilfe gleich nach der ersten Sitzung diesen Punkt abgehakt.

    Viel wichtiger ist nämlich der Punkt 2: Wiedergutmachung. Dazu gehört, nach allen Trotzreaktionen der Täterseite am Vollmer-Tisch, direkt die Entschädigung. Wenn die Prinzessin von Monaco für ein blödes Bild 70.000 € Schmerzensgeld erhält, dürfen jene, denen verdorbene Priester unter die Decke und anderswo gegriffen haben, aber auch die 500.000 Heimopfer, die man im Zuge der neuen Verbrechnswelle so gern vergessen will, jede/r berechtigterweise weit aus mehr verlangen dürfen. Die Tagesordnungspunkte danach kann man getrost vernachlässigen. Das wäre Punkt 3: Entschuldigung der Verbrecher. Die Erfahrung lehrt: Das ist alles eher sinnloses Geschwätz. Einzig der Evangelischen Stiftung Volmarstein darf man die Entschuldigung für die Verbrechen an behinderten Heimkindern in den 2 Nachkriegsjahrzehnten abnehmen. Sie quatscht kein dummes Zeug sondern leistet echte Wiedergutmachung. Siehe dazu: www.gewalt-im-jhh.de.

    Punkt 4 wäre die Prävention. Auch da ist die Hoffnung gering. Bei miserabelsten Löhnen in der Pflege und damit verbundenem unmotivierten und meist unqualifizierten Personal wird die Gewalt an hilflosen Menschen kaum eingedämmt werden. Das dokumentieren die wie Pilze im Internet wachsende Homepages, die davon Zeugnis ablegen.

    Frau Bergmann sollte sich das Buch "Gewalt in der Körperbehindertenhilfe" der Autoren Winkler/Schmuhl reinpfeifen bevor sie sich zum ersten Mal am Runden Tisch ereifert und noch mehr Porzellan zerdeppert, als sie es schon getan hat. Ich persönlich erahne schon das Resultat ihrer Arbeit: Schadensbegrenzung.

    Helmut Jacob

  • I
    igasho

    Frank hat ganz Recht. Es ist nicht eine Zwei-Klassen-Debatte, sondern sogar eine Drei-Klassen-Debatte. Versuchen Sie mal als "gewöhnliches Missbrauchsopfer" - womöglich noch als "Altfall" eine Opferentschädigung zu bekommen. Die Fälle, in denen es 6-8 Jahre dauert, bis es durch den Gerichtsweg endlich zu Entscheidungen kommt, sind nicht selten.

  • E
    ehemaligesHeimkind

    Thema: Vertuschung der Kirche/Zwei Klassen Gesellschaft

     

    Es ist mittlerweile vortrefflich gelungen von den Missbräuchen gegenüber Schutzbefohlenen in ehemaligen Kirchlichen Einrichtungen abzulenken.

    Erst wurde nur noch über "sexuellen Missbrauch" gesprochen;

    Jetzt auf "sexuelle Übergriffe" weitergeleitet und disskutiert

     

    Sicherlich mag es irgendwelche internen Leitlinien in der Kirche dazu geben

    Aber die Macht, die ein Geistlicher gegenüber seinen Anhängern hat behinhaltet sehr viel Potential für deren Missbrauch.

    Insbesondere wenn es sich um Schutzbefohlene handelt !

    Sehr besonders wenn es sich dabei um ein geschlossenes System handelt (Heim/Internat)

    Und im ganz Besonderen wenn solch ein geschlossenes System auch noch hermetisch abgekapselt ist (z.B. Waisenheim, in dem nicht einmal durch Elternbesuche eine indirekte Kontorlle stattfindet

     

    Bei offenen oder durch Eltern finanzierte Einrichtungen ist nun die Empörung groß.

    Dabei hat es in jenen Einrichtungen wenigstens noch halbwegs eine Art Kontrolle durch die besuchenden Eltern gegeben.

     

    Jeder mag sich die Frage stellen: Was hat sich dagegen in den Waisenheimen oder gechlossenen Einrichtungen der Jugend"für"sorge abgespielt wenn schon in den freien Einrichtungen solcherart Dinge stattgefunden haben ?

     

     

    Zu mir selber:

     

    Ich bin einer derjenigen die die "inneren Vorgänge" in einem Waisenheim im Alter von 7 Jahren ein Jahr lang "erleben" durfte, bevor ich wieder herausgeholt werden konnte.

    Dieses Heim wurde von Nonnen geführt, welche sich nach aussen als "sehr christlich und Aufopferungsvoll; dem Guten Werke"" darstellten.

    Diese "Christliche Aufopferung" habe ich in allen Zügen durchleben müssen

    Alle im Heim arbeitenden Schwestern und auch der Priester hielten zusammen, es war eine in sich verschworene Gemeinschaft, in aller Regel wurde einfach weggesehen wenn eine Schwester übergriffig wurde.

     

     

    Das liegt alles nun 40 Jahre zurück

     

    Wie es mir heute geht ?

     

     

    Ich schweige seit 40 Jahren

    Ich muß auch jetzt noch schweigen da ich noch keine Zeitzeugen gefunden habe

    Vorher kann ich keine genauen Daten der Öffentlichkeit preisgeben da ich massiv Angst habe daß die Organisation, die noch heute die ehmaligen Täter in ihren Reihen deckt, dann massiv gegen mich/meinen (angeblichen) Vorwürfen vorgeht; exakt und getreu den Leitlinien

    "Zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz"

    Zivilrechtlich hat diese Organisation ja genug Anwaltliches Wissen.

     

    Die Reaktion des Herrn Müller, das Schweigen des Papstes; die Angriffe des Herrn Zollitsch gegen die Bundesjustizministerin (und daß diese dagegen nicht reagiert hat); desgleichen der genaue Wortlaut der Presserklärung der deutschen Bischhofskonferenz zum Vorgehen gegen sezuellem Missbrauch (welche ganz klar gegen die Opfer gerichtet ist) hat mich zur Zeit wieder in meine alten Ängste zurückgeworfen; ich stehe da, muß den Mund halten, muß tatenlos zusehen wie Unrecht geschieht; wie die Organisation die Täter in ihren eigenen Reihen deckt und wie die Missbrauchsopfer mit aller Macht wieder in ihre Opferrolle gedrängt werden.

     

    Ich hatte damals in dem Heim alles verloren, wurde gedemütigt, geschlagen und eine Frau in Ordenstracht verging sich an mir

    Damals war ich 7 Jahre alt.

    Ich war mit Ursünde behaftet; mein ganzes Handeln war grundsätzlich immer eine schwere Todsünde und es war (in den Augen der Kirche) gerecht daß ich bestraft wurde.

    Alles was ich tat war eine Sünde in den Augen der Kirche (damals sogar in den Augen Gottes)

    Auch das Beichtgeheimiss war keines:

    Wenn ich damals nichts über Selbstbefriedigung o.ä. erzählte wurde ich bestraft da ich den Beichtvater "angelogen" hätte

    Wenn ich es einmal gewagt hatte meine Verzweiflung dem Beichtvater zu schildern wurde ich hinterher von der betreffenen Schwester zuammengeschlagen.

     

    Dafür will ich heute weder eine Entschuldigung hören oder gar die unheilvollen Worte: Wir sollen den Tätern vergeben

     

    Mir wurde eine Moralvorstellung im wahrsten Sinne des Worts "eingebläut", die noch heute bei jedem Atemzug den ich mache wirkt.

     

    Über die Probleme und Handicaps die ein Betroffenrer der; laut katholicher kirche, "damaligen gesellschaftlichen Probleme" heute massiv leidet, mit sich herumtragen muß etc. wird geschwiegen bzw. ein Herr Müller erklärt sich dafür nicht als zuständig (es läge alles in der Vergangenheit)

     

    Vergangenheit sind Dinge die Vergangen sind.

     

    Gegenwart ist was gerade stattfindet.

    Gegenwart für mich als Betroffener ist daß ich keine Bindung mit einer Frau eingehen kann/noch nie konnte/eine Partnerschaft oder gar Familie (nach der ich mich sehne) unmöglich ist

    Gegenwart ist daß ich massivste Schuldgefühle bekomme wenn ich z.B. versuche mir etwas schönes zu kaufen (es geht nicht)

    Gegenwart sind massive Schlafstörungen seit 40 Jahren

    Gegenwart sind immer noch Essstörungen

    Gegenwart sind Panikattacken und ständige Angst

    Gegenwart ist der ständige Kampf gegen daß Gefühl der Organisation hilflos ausgeliefert zu sein

    Gegenwart ist daß ich gerne Umgang mit Kindern hätte, aber nicht haben kann, da jede harmlose Berührung mich zusammenzuckenlässt, Bilder im Kopf aufblitzen und ich ungeheuer Angst habe aus versehen ein Kind falsch berührt zu haben und ihm unwiderbringlich irgend einen Schaden zugefügt zu haben (das kann einAussenstehnder nicht nachvollziehen und ich kann es kaum erklären)

    Gegenwart ist daß ich mich bei allem was ich mache immer schuldig fühle (irgend etwas unverzeihlich Schlimmes gemacht zu haben, ohne daß ich darauf komme was es sein könnte)

    Gegenwart ist daß mir die Stimme versagt wenn ich über die damaligen Vorkommnisse mit jemand sprechen will (und das nicht aus Scham; die Stimme bleibt dann einfach weg)

    -> das lässt sich noch beliebig fortführen..

     

    Damals hatte mich die Kirche eingeschüchtert bis ich nicht mehr denken konnte (wortwörtlich)

    Genauer : es wurde geschlagen/geprügelt (oder wie immer man das bezeichnen mag) bis zur Bewusstlosigkeit, und selbst dann wurde noch manchmal mit den Füssen weitergearbeitet wenn man bewusstlos als kleiner Junge am Boden lag; immer mit dem Vorwurf einer angeblich begangenen Todsünde.

     

    Dafür ist die Kirche verantwortlich !

    Vieleicht nicht für die Tat eines Einzelnen; aber für die Moralvorstellungen und deren Umsetzungen ! ! !

    Auch heute noch !

     

    Und das hat auch nichts mit dem damaligen gesellschaftlichen Kontext zu tun gehabt

    Das ist alleine die Verantwortung der Kirche !

     

    Die Herren jener Organisation wissen auch heute noch sehr genau wie sie ihre ehemaligen Schutzbefohlenen einschüchtern können

     

    Wenn ich mich als Opfer melden würde; dann müsste ich jederzeit mit den ungebetenen Besuch jener Organisation vor der Türe rechenen ,getreu ihren Leitlinien. Dann werde ich mit Sicherheit mit Vorwürfen überschüttet , so wie es einigen ehemaligen Heimkindern erging die es wagten dem Aufruf des "Runden Tisches Heimerziehung in den 50iger und 60igern" zu folgen und ihr Schicksal vor einem "Tribunal", besetzt u.a. mit Verantwortungsträgern der betreffenden Organiationen darzulegen und dann als Lügner beschimpft wieder gegangen sind -> ich würde dabei zusammenbrechen

     

    Und erst recht Hilfsangebote; insbesondere psychische und moralische Unterstützung jener Organisation, wie es öffentlichwirksam kundgetan wird, möchte ich als Betroffener niemals wieder erleben müssen.

     

    NIEMALS WIEDER ! ! !

     

    Ein weiterer Runder Tisch soll gebildet werden nachdem der Runde Tisch Heimerziehung in Berlin bereits Tatsachen ignoriert und alles als "bedauerliche Einzelfälle darstellen will

     

    Die Folgen unter denen ich leide sind auch nach 40ig Jahren jede Sekunde, bei jedem Atemzug den ich mache; bei jedem Gedanken den ich habe lebendig !

     

     

    Die Kirche fordert mich auf den Tätern "zu vergeben".

     

    Meine Antwort: NEIN !

     

    Solange dies immer noch geleugnet wird

    Solange gegen Aussagen der Opfer sich mit allen Mitteln (juristischen; zuletzt auch Nazivergleichen) zur Wehr gesetzt wird,

    Solange das alles weiterhin im Dunkeln gehalten wird

    Solange ständig innerhalb der Organisation weggesehen wird wenn jemand übergreiflich wird.

    Solange insbesondere die Entscheidungsträger jener Organisationen sich hauptsächlich damit beschäftigen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verschweigen, zu vertuschen, Opfer als Täter und als unglaubwürdig darzustellen.

    -> Solange werde ich auch keinen (inneren) Frieden mit den Tätern und deren Organisation schließen können !

    Ich werde nicht "vergeben" ohne daß sich vorher "Reue" sichtbar den Opfern gegenüber zeigt (und nicht nur den Medien gegenüber wie bisher)

     

     

    Die von den Kirchlichen Entscheidungsträgern propagierte Hetzkampagne geht mittlerweile tatsächlich - gegen die Kirche ?

     

     

     

    ein ehemaliges Heimkind, welches aus Selbstschutz gegen die Organsiation die ihm das angetan hatte noch immer anonym bleiben muß

  • AM
    Alexander Markus Homes

    Zum Thema Kindesmissbrauch, Körpermisshandlung, Misshandlung an Schutzbefohlenen habe ich das Buch "Heimerziehung: Lebenshilfe oder Beugehaft? Gewalt und Lust im Namen Gottes" veröffentlicht, das bei Books on Demand GmbH erschienen ist. Im Buch enthalten ist auch ein Interview, das ich mit einer Nonne vom „Orden der Armen Dienstmägde Jesu Christi“ geführt habe. Die Nonne berichtet ganz offen und ehrlich, wie „im Namen Jesu Christi“ Kinder in einem katholischen Heim, in dem sie arbeitete, körperlich und seelisch gequält, gedemütigt, bestraft wurden. Mit dem Straf- und Unterdrückungsinstrument „Gott“, so die Nonne, wurde den Kindern Gehorsam, Willigkeit, Anpassung und Unterwerfung abverlangt. Sie selbst bekennt sich dazu, Kinder auf das Schwerste misshandelt zu haben.

    Herr Keppler hat vor einiger Zeit in einem Fachbeitrag aus dem Nonnen-Interview zitiert. In dem TAZ-Interview erwähnt er zwar diese Nonne, aber nicht mehr die Quelle des Interviews. Er führt aus:

    "In einer meiner Veröffentlichungen beschreibe ich den Bericht einer Nonne, die einen sieben- oder achtjährigen Knaben dabei erwischt, wie er an sich rumspielt. Sie gerät außer sich, schleift ihn ins Bad und taucht ihn unter Wasser, bis er blau anläuft und sie plötzlich erkennt: Ich bin dabei, dieses Kind umzubringen. Danach ist sie, entsetzt über sich selbst, aus dem Orden ausgetreten."

  • PH
    Peter Henselder

    Ich gebe Herrn Kappeler vollkommend Recht. Er war schon mehrfach in unserer privatfinanzierten Sendung "Kinderheime in Diskussion" Diese Sendung ist im Offenen Kanal Berlin deswegen entstanden, weil keine der Medien sich um unsere Missbrauchsfälle in dem Heimen gekümmert hatten. Erst als das Canisius-Internat seine Missbrauchsfgälle bekannt gab, ging das Interesse der Medien los. Als ich meinen Missbrauch, 1961 und 1987 (Diozöse Köln) jeweils meldete glaubte man mir nicht. Selbst heute sagen einige ältere Menschen; "Der ist es ja selber schuld das er im Heim war". Wie kann ich schuld an einem Heimaufenthalt sein, wenn das Jugendamt Köln nach meiner Geburt das Kind der Mutter wegnahm und es in einem Waisenhaus steckte. Das Kind, also ich, konnte erst mit der Volljährigkeit zur Mutter zurück. Mein Missbruch dauerte von 1961 bis 1966 an dem ein Pfarrer an mich regelmäßig sich vergangen hat. Darüber hatte jetzt RTL am 15.3. in der Sendung Extra berichtet.

     

    Ich würde mich freuen wenn die Verantwortlichen, Kirchliche Träger und auch staatliche Stellen (wie u.a. das Jugendamt) , die Missbrauchsfälle/Menschenrechtsverletzungen mit den Opfer wirklih aufarbeitet. Von den ganzen Entschuldigungen habe ich langsam die Nase voll, denn dies ist nur so daher gesagt(siehe Kardinal Zollitsch Entschuldigung). Es müssen Taten folgen. Viele der ehemaligen Kinder sind bereits verstorben, vielleicht ist auch das die Absicht der Verantwortlichen, so lange zu debattieren, bis die Zahl derer die entschädigt werden soll drastisch geschrumpft ist.

  • J
    jojo

    sehr richtig. "versoehnung" kann nicht verordnet werden - und darf erst recht nicht zur ablenkung von den verbrechen genutzt werden. ich kenne beides, heim und internat, hatte in beiden das glück, persönlich nichts allzu schlimmes erlebt zu haben, aber insbesondere im heim genug mitbekommen, was andere erlitten. interessanter weise waren in meinem beschränkten erfahrungsfeld die nonnen in der regel die "härteren" im umgang mit den ihnen anvertrauten menschen - nicht im sinne des direkten sexuellen missbrauches, sondern eher in den methoden gewaltsamer entsexualisierung (von schlägen bis hin bis hin zu experimenten in der nahrungszusammensetzung, "kaltwassertheapien" u.ä., die die entwicklung der "sündhaften" sexualität bei heranwachsenden unterbinden sollten, wobei gerade diese nonnen ALLES zwanghaft als "sündhaft" sexualisierten).

  • F
    Frank

    Hallo Redaktion,

    warum werden die jährlich ca. 320.000 Kindesmissbrauchsfälle, die in allen sozialen Schichten vorkommen, mit keinem Wort weder hier noch in anderen Artikeln erwähnt?

     

    http://www.gegen-missbrauch.de/start

     

    Zumal dadurch der Eindruck entsteht, dass das nur in Heimen und Eliteschulen vorkommt, was ja definitiv nicht stimmt.

     

    Wenn darüber schon berichtet wird, dann doch bitte so, ohne dabei etwas auszulassen.

     

    Gruß, Frank

  • F
    Fawkrin

    Hr. Kappeler hat Recht. Heimkinder und deren Schicksale interessieren die Gesellschaft und deren Vertreter nicht.

    Ich arbeite in der Jugendhilfe und sehe täglich, welche Rolle bedürftige Kinder und Jugendliche für die Kommunalpolitik in unserem Land tatsächlich spielen: nämlich keine. Jugendhilfe ist für Landräte und Bürgermeister eine lästige Pflichtaufgabe und möglichst einzusparen.

    Rechtsbeugungen kommen häufig vor, aber wo kein Kläger da kein Richter.

    Zu den Opfern der sexualisierten Gewalt: Jugendhilfe zahlt keine Therapien und Krankenkassen weigern sich oft. Erzieherinnen, die dafür überhaupt keine Ausbildung haben, dürfen auch das noch schultern.

    Über die Pflegesätze und Fachleistungsstunden, die unsere Gesellschaft bereit ist zu zahlen, wird oft nur eine minimale Personaldecke finanziert. 14 Jugendliche, aggressiv, traumatisiert, verwahrlost und eine Mitarbeiterin pro Schicht im Dienst in einer Heimgruppe. Was soll da an Therapie oder gar Erziehung laufen?

    Hr. Kappeler sieht das schon richtig. Hundertausende Kinder werden abgeschrieben.

    Das ist Deutschland.