Seriensieger im Trabrennsport: Der Mann mit dem goldenen Helm
Michael Nimczyk avanciert zum Superstar in einer sterbenden Sportart. Der 28-Jährige ist bei der Wahl zum „Sportler des Jahres“ Geheimfavorit.
BERLIN taz | „Der Nimczyk ist eigentlich immer eine sichere Wette“, sagen sie auf der Trabrennbahn in Mariendorf im Berliner Süden. Und tatsächlich: Mit einem Wetteinsatz von 2 Euro auf einen Sieg von Michael Nimczyk springt ein Reingewinn von 11,50 Euro heraus. Nicht schlecht für die erste Wetterfahrung.
Doch der Sieg im achten Rennen des Stammbesucher-Renntages in Mariendorf war für Nimczyk etwas Besonderes. Mit Raquel Welsh, einem Pferd, das er selbst auf dem Hof der Familie Nimczyk in Willich trainiert, wurde er schon dreimal Deutscher Meister.
Zwar ist dieser Erfolg angesichts seiner unzähligen Saisonsiege nicht außergewöhnlich. Aber vielleicht beschert ihm jeder Triumph ein paar mehr Stimmen bei der Wahl zum „Sportler des Jahres“ 2014. Ob er sich gegen die Konkurrenz aus weitaus populäreren Sportarten, wie den Diskuswerfer Robert Harting oder die Tennisspielerin Sabine Lisicki durchsetzen kann, wird sich am letzten Sonntag vor Weihnachten zeigen. Längst vorbei sind die Zeiten, als Trabrennen noch live in der ARD übertragen wurden.
Aber immer noch lassen sich viele Menschen von der Welt des Trabrennsports begeistern. Und denen, die ihr Geld auf Traber setzen, ist der Name Nimczyk ein Begriff. Seine Berühmtheit beruht auf seinem stetig wachsenden Erfolg, auch wenn seine Sportart in Vergessenheit zu geraten droht.
Konkurrenz nur mit theoretischen Chancen
Stolze 184 Siege in einer Saison zieren das Konto des Berufsfahrers. Ein Wert, der rekordverdächtig ist, besonders wenn man sich anschaut, wie viel Abstand in der Fahrerwertung zwischen Nimczyk und seiner Konkurrenz liegt. Der Zweitplatzierte Josef Franzl konnte mit 98 Siegen nicht viel mehr als die Hälfte an Erfolgen einfahren. Der Titel ist Nimczyk kaum noch zu nehmen. Die Chancen der Konkurrenz sind nur noch theoretischer Natur. Sein Kopf wird dann ein weiteres Jahr vom goldenen Helm, den nur die Champions tragen dürfen, geschützt.
„Der Erfolg von Micha beruht auf seinem Ehrgeiz, der sehr guten Hand für das Pferd und ganz besonders darin, dass er trotz des Erfolges noch so menschlich geblieben ist“, sagt Bernd Spangenberg, ein langjähriger Freund der Familie.
Dass der talentierte Berufsfahrer Nimczyk von Ehrgeiz und Leidenschaft getrieben wird, ist deutlich spürbar. Meist hat der 28-Jährige nicht einmal 30 Sekunden Pause zwischen den Rennen. Es geht von einem Sulky direkt zum nächsten. Den Überblick zu behalten, welche Besonderheiten dem Pferd zu eigen sind, mit dem er das nächste Rennen bestreitet, fällt Nimczyk leicht. Die meisten Pferde kennt er in- und auswendig.
Oft kommt es vor, dass Nimczyk mit Pferden ein Rennen bestreitet, die er nicht selbst trainiert und vielleicht gerade zum ersten Mal sieht. Schon beim Warmfahren erkennt er deren Schwächen und Stärken. „Für mich sind die Pferde unsere Partner, und wir sind dafür verantwortlich, sie dazu zu bewegen, alles zu geben.“ Das gelingt ihm wie keinem anderen.
Training ab sechs Uhr morgens
Auch nach anstrengenden Renntag hastet er aus dem Sulky zum Flughafen. Es bleiben ihm wenige Minuten, sagt er, um den Tag und die Rennen zu reflektieren. Nur für ein weiteres Hobby nimmt sich Michael Nimczyk doch mal Zeit. Borussia Mönchengladbach. Den Fußballbundesligisten feuert die ganze Familie Nimczyk so oft wie möglich an.
Nimczyks Alltag beginnt bereits um sechs Uhr mit dem Training der Pferde. Das kann auch schon mal sechs Stunden dauern. Und am Nachmittag geht es meist schon wieder zu den Rennen in Gelsenkirchen, Hamburg oder auch Berlin.
Ein Sieg fehlt ihm allerdings noch in seiner Karriere. „Für mich wäre es etwas ganz Besonderes, einmal das Deutsche Derby in Mariendorf zu gewinnen. Es ist ja das prestigeträchtigste Trabrennen in Deutschland und es ist der Traum eines jeden Berufsrennfahrers, einmal Derbysieger zu sein.“ Schließlich weiß man in Mariendorf: Der Nimczyk ist immer eine sichere Wette.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!