■ Serben ab nach Serbien: Kaltes Halbdenken
Berlin werde auch weiterhin Flüchtlinge aus Bosnien aufnehmen, verkündete vor wenigen Tagen Innensenator Heckelmann (CDU). Und versprach: „Wenn sie hier sind, werden wir sie nicht schutzlos lassen.“ Bravo, Herr Heckelmann! Damit haben Sie die SPD links überholt, was bei einem Manne wie Ihnen nicht eben oft vorkommt. Noch vor kurzem war es der Staatssekretär der SPD- Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer, der, nach der Aufnahme der neuen Flüchtlingswelle aus den sogenannten UN-Schutzzonen befragt, abwehrend die Hände hob: Berlin werde sich hier „zurückhalten“.
Genug geklatscht. In vielen starken Worten und Presseerklärungen der CDU ist die serbische Aggression schon verurteilt worden. Aber wenn es um die Menschen geht, die sich dieser entziehen wollen, sieht die Sache plötzlich ganz anders aus. Die BewohnerInnen Restjugoslawiens, die nach Berlin geflüchtet sind, haben keinen Platz hier, verkündet mit eiserner Stimme der Senator. Sie kosten Geld, viel zuviel Geld, und der Bund bezahlt ja auch nichts. Serbische Deserteure, die nicht mitmachen wollen im mörderischen Völkerschlachten; Kosovo-Albaner, die in ihrer Heimat nur Elend und Unterdrückung erwartet; Menschen, die nichts mehr zu tun haben wollen mit dem haßerfüllten Nationalismus des Milošević-Regimes – sie alle sollen zurück, wenn es sein muß, mit Gewalt. Ein kaltes Halbdenken ist das, ein Nicht-zu-Ende-denken-Wollen, eine juristisch geradegebogene Rechtfertigung menschlicher Abwendung. Ute Scheub, Gesa Schulz
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