piwik no script img

Senftenberger wollen Sachsen werden

■ Streit um Länderzugehörigkeit schwelt weiter / Weitere Grenzkorrekturen sind möglich

Berlin (ap/taz) - In den Kommunen der DDR schwelt der Streit über die Zugehörigkeit zu den künftigen Ländern ungeachtet der Einigung in der Volkskammer am vergangenen Sonntag weiter: Kreistagsabgeordnete aus elf Orten des Kreises Senftenberg im Bezirk Cottbus wollen ihr Mandat niederlegen, falls ihr Gebiet künftig zum Land Brandenburg gehören sollte. Die Bevölkerung im südlichen Teil des Kreises Senftenberg hatte sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, dem künftigen Land Sachsen anzugehören. Der Kreistag hatte aber mit nur einer Stimme Mehrheit für Brandenburg gestimmt.

Der Bürgermeister von Ortrand, Reinhard Kißko, sagte gegenüber 'adn‘, die Einwohner seiner Stadt und der anderen Gemeinden wollten den Kreistagsbeschluß anfechten und notfalls einen Ausgliederungsantrag bei der künftigen Landesregierung stellen. 1.000 BürgerInnen hätten sich am Sonntag zu 96,8 Prozent für Sachsen ausgesprochen. Aus Protest hatten sie dem 'adn'-Bericht zufolge am gleichen tag für eine halbe Stunde die Autobahn Berlin-Dresden an der Bezirksgrenze blockiert.

Senftenberg ist nicht der einzige Fall, wo es in dieser Frage Streit gibt. Im Kreis Altenburg hatte die Bevölkerung sich in der Befragung für eine Zugehörigkeit zu Sachsen ausgesprochen, während der Kreistag für Thüringen votierte. Auch im Kreis Bad Liebenwerda favorisierte die Bevölkerung Sachsen, der Kreistag entscheid sich für Brandenburg. Hintergrund dieser Konflikte ist, daß die Grenzen der bis 1952 in der DDR bestehenden Länder korrigiert wurden, um sie den in der Zwischenzeit herausgebildeten wirtschaftlichen Strukturen anzupassen. Insgesamt mußte in fünfzehn Kreisen über die Zugehörigkeit entschieden werden. Nach der Herstellung eines Meinungsbildes durch eine Bürgerbefragung lag die letztendliche Entscheidung dann bei den Kreistagen. Das Ländereinführungsgesetz sieht allerdings auch die Möglichkeit weiterer Korrekturen vor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen