: Senatorinnen über HMI-Reaktor im Clinch
■ Michaele Schreyer zitiert Töpfers Gesellschaft für Reaktorsicherheit als Kronzeugin gegen eine problemlose Betriebsgenehmigung für den umgebauten Forschungsreaktor / Wissenschaftssenatorin Riedmüller: „Das ist nicht nachvollziehbar“
Die örtlichen Turbulenzen im rot-grünen Senat haben sich am Dienstag erneut verschärft. Auslöser eines heftigen Schlagabtauschs zwischen der von der AL in den Senat entsandten Umweltsenatorin Michaele Schreyer und ihrer Kollegin aus dem Wissenschaftsressort, Barbara Riedmüller (SPD), ist einmal mehr die geplante Wiederinbetriebnahme des umgebauten Forschungsreaktors BER II am Hahn-Meitner -Institut (HMI) in Wannsee. Zunächst hatte Schreyer in einer Erklärung Äußerungen der Wissenschaftssenatorin und des Hahn -Meitner-Instituts als „unverständlich“ bezeichnet, wonach „die Betriebsgenehmigung für den HMI-Reaktor nunmehr erteilt werden könne“. Derartige Ankündigungen stünden im krassen Gegensatz zu einer Stellungnahme der „Gesellschaft für Reaktorsicherheit“ (GRS), die Bundesreaktorminister Töpfer in allen Atomfragen berät und die bisher nicht als atomkritisches Gremium in Erscheinung getreten ist.
Schreyer zitierte aus dem GRS-Papier von Anfang April, in dem es um Genehmigungsauflagen zur Sicherung des Forschungsreaktors ging. Danach könne von den Auflagen der zweiten Teilgenehmigung aus dem Jahre 1987 bislang „keine als erfüllt bestätigt werden“. Von den Auflagen aus der ersten Teilgenehmigung, schreibt die GRS weiter, könnten „weiterhin sechs als nicht erfüllt bestätigt werden“. Außerdem seien einige Systeme und Komponenten der Anlagensicherung bisher „nicht fertig installiert“. Um welche Sicherungssysteme es sich im einzelnen handelt, geht aus der Erklärung der Umweltsenatorin nicht hervor.
Die Antwort Riedmüllers ließ nicht lange auf sich warten. Gestern mittag bezeichnete sie die Erklärung Schreyers als „nicht nachvollziehbar“. Ohne Grund werde „der Eindruck erweckt“, die Betriebsgenehmigung für den Forschungsreaktor könne „auf absehbare Zeit nicht erteilt werden“. Bisher seien die Auflagen nach einem nachvollziehbaren Zeitplan abgearbeitet worden. „Dramatische Veränderungen“ habe es dabei nicht gegeben und seien auch von der Umweltsenatorin weder in vorausgegangenen „Koordinierungsgesprächen“ noch anläßlich einer Senatssitzung in der vergangenen Woche vorgetragen worden.
Auf die von Senatorin Schreyer zitierte GRS-Stellungnahme vom Anfang des Monats geht die Wissenschaftssenatorin in ihrer Entgegnung mit keinem Wort ein. Statt dessen holt sie die Bonner Keule aus dem Schrank: „Bei einer Nicht -Inbetriebnahme des Forschungsreaktors in absehbarer Zeit“ drohe die Schließung des HMI, das zu 90 Prozent vom Bund finanziert werde.
Der BER II soll Physikern, Chemikern, Biologen und Werkstoffwissenschaftlern als Neutronen-Strahlungsquelle für Strukturuntersuchungen im atomaren und molekularen Bereich dienen - vornehmlich auf dem Gebiet der Grundlagenforschung, wie es heißt. Atomrechtliche Genehmigungsbehörde ist Schreyers Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz.
gero
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