Senator will Straßensanierung: Schneller fahren fürs Klima
Der Verkehr muss fließen auf den Straßen, sagen Wirtschaftsvertreter – schon der Umwelt zuliebe. Verkehrssenator verspricht Investitionen.
Wenn der Autoverkehr in der Stadt nicht fließt, belastet das nach Ansicht des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) nicht nur unnötig die Geldbörsen der Fahrer, sondern auch die Umwelt. Laut einer Berechnung des Verbands liegen die Kosten wegen erhöhten Kraftstoffverbrauchs bei 160 Millionen Euro pro Jahr, der zusätzliche Ausstoß von CO2 bei 250.000 Tonnen. Wenn ein Auto auf einer Strecke zehnmal an einer Ampel hält, steige der Verbrauch gegenüber dem stetigen Fahren um ein Drittel, sagte Professor Jürgen Krimmling von der TU Dresden am Dienstag auf einer Fachveranstaltung des VBKI, zu der auch Verkehrssenator Michael Müller (SPD) eingeladen war. Mehrere Wirtschaftsverbände fordern daher mehr Geld für die Instandhaltung von Straßen und grüne Wellen auf den wichtigsten Verbindungen.
Senator Müller sagte, es gebe bei den Straßen „erheblichen finanziellen Nachholbedarf“. Allein die Bezirke bräuchten mehr als 20 Millionen Euro pro Jahr extra, „um diesen Investitionsstau nach und nach überhaupt angehen zu können“. Es bedeute aber „harte Kämpfe“ mit dem Finanzsenator und den Abgeordneten, die den Haushalt beschließen.
Ein stetiger Fluss werde auf vielen Straßen durch den Wechsel zwischen Tempo 30 und Tempo 50 behindert. „Ich wundere mich manchmal selbst“, sagte Müller über die Tempoänderungen „im 50-Meter-Abstand“. Ursache sei aber nicht immer die Verkehrsverwaltung, sondern auch erfolgreiche Klagen von Anwohnern. Müller: „Ich kriege fast täglich Post von Menschen, die sich vor ihrem Haus einen Zebrastreifen wünschen oder eine Tempo-30-Zone.“ Lehnt er ab, ziehen die Anwohner vor Gericht – und bekommen in vielen Fällen recht. Das habe natürlich „entsprechenden Einfluss auf den Verkehrsfluss in unserer Stadt.“
Müller verwies darauf, dass der Anteil des Autoverkehrs in der Stadt langsam, aber stetig sinke. Dementsprechend dürfe die Verkehrsplanung nicht nur auf Autos und Lkws ausgerichtet sein, sondern auch auf die Sicherheit und Geschwindigkeit von Bussen und Bahnen, Radfahrern und Fußgängern. Von den 2.000 Berliner Ampeln sei die Hälfte so eingestellt, dass nahenden Busse oder Straßenbahnen Priorität eingeräumt werde. Das habe natürlich „Auswirkungen auf die anderen, die entsprechend länger stehen“. Viele Straßen müssten auch auch wegen Baustellen gesperrt werden – U 5, Schloss, Humboldthafen, Atlastower am Zoo, Verbreiterung der Invalidenstraße – oder wegen Veranstaltungen wie dem Marathon, dem Halbmarathon, der Silvesterfeier, der Fanmeile oder der Fashion Week.
Zu wenig Personal
Müller beklagte auch, dass für eine bessere Verkehrssteuerung Personal fehle. Er müsse innerhalb der Legislaturperiode 250 Stellen in seiner Verwaltung kürzen. „Wir haben da einiges falsch beschlossen, wir sind übers Ziel hinausgeschossen“, sagte Müller. „In vielen Fachbereichen, wo uns Ingenieure fehlen, war es ein Fehler, Laufbahnen zu schließen, Ausbildungen zu schließen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation