: Senat füttert Baulöwen mit Millionenbeträgen
■ Senat überließ FC Union Grundstück, das der Verein weiterverkaufte. Nun haften Land und Bezirk für Bauherrn
Wenn es darum geht, Millionen an der richtigen Stelle aus dem Fenster zu werfen, ist der Senat um keine Antwort verlegen. Wie der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet, hat sich die Landesregierung die angestrebte Entschuldung des Köpenicker Fußballvereins 1. FC Union eine zweistellige Millionensumme kosten lassen – eine juristisch zweifelhafte Angelegenheit, wie nach Informationen der taz nun selbst Finanzstaatssekretär Wolfgang Branoner einräumt.
Um den hochverschuldeten Verein zu unterstützen, hatte das Bezirksamt Köpenick in Absprache mit dem Senat dem Club bereits 1994 die Option eingeräumt, das landeseigene Grundstück An der Wuhlheide 250–270 zu entwickeln. Im März 1995 schloß der Verein daraufhin mit seinem Hauptsponsor, dem Dortmunder Bauunternehmer Manfred Albrecht, eine Vereinbarung ab. Darin trat der Fußballclub seine Erbbaurechte für 15 Millionen Mark an Albrecht ab. 12 Millionen sollte der Baulöwe sofort zahlen, 3 Millionen, wenn Albrecht den Bau einer „überwiegend kommerziell ausgerichteten Sportanlage“ fertiggestellt hätte.
Doch statt mit dem Bau eines Sport- und Bürokomplexes zu beginnen, nahm Albrecht als erstes eine Hypothek auf das Grundstück auf. Insgesamt 12 Millionen ließ er in zwei Tranchen bei der Hamburgischen Landesbank als Grundschuld eintragen und bezahlte damit unter anderem ausstehende Rechnungen und Gehälter des Fußballclubs. Der Clou: Das Land Berlin als Grundstückseigner stimmte der Beleihung zum Zwecke der Entschuldung des Clubs ausdrücklich zu.
Doch damit nicht genug. Auch in der Höhe der geforderten Pacht kam das Land dem Bauunternehmer entgegen. Während der Finanzsenator von Selbsthilfeprojekten über fünf Prozent Pachtzins verlangt, sollte Baulöwe Albrecht nur drei Prozent zahlen. Überdies wurde der Verkehrswert des Grundstücks von ursprünglich 1.450 Mark je Quadratmeter im November 1995 auf 1.135 Mark heruntergeschätzt. Im Klartext: Für die 11.618 Quadratmeter der gewerblichen Bebauung des künftigen „Wuhlesportparks“ sollte Albrecht lediglich 395.000 Mark an Pacht zahlen.
Die verdeckte Subventionierung kommt nun womöglich den Bezirk Köpenick und das Land Berlin teuer zu stehen. Sollte Albrecht das Grundstück nicht vertragsgemäß bebauen, müßte die öffentliche Hand für den Kredit der Hamburgischen Landesbank aufkommen. Das bestätigte der Köpenicker Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) in einem Schreiben an den Deutschen Fußballbund (DFB) vom 19. März 1996, das der taz vorliegt. Dem DFB, der damals über die Vergabe einer Profi-Lizenz für den FC Union zu entscheiden hatte, teilte Ulbricht mit, daß im Falle eines „Heimfalls“ der Grundschuld „der Senat beziehungsweise das Bezirksamt Köpenick das finanzielle Risiko“ übernehme. Doch selbst das war dem DFB zu riskant. Er lehnte die Lizenzvergabe ab.
Daß ein solcher Bürgschaftsfall gar nicht unwahrscheinlich ist, pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern. An Albrechts Seriosität zweifeln nicht nur andere Bauherren wie die Kölner Fundusgruppe, die gegen den Dortmunder eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe erwägt. Auch bei Albrechts Projekt „Reitbahncenter“ in Neubrandenburg gibt es Forderungen in Millionenhöhe. Der „Wuhlesportpark“ schließlich wird auf dem Immobilienmarkt, noch bevor der erste Spatenstich getan ist, schon wieder angeboten: für stolze 23,7 Millionen Mark.
Die bündnisgrüne Finanzexpertin Michaele Schreyer kritisierte den Deal inwzischen als „Schwarzhandel mit Grundstücken“. Daß das Abkommen mit dem Lieblingsfußballclub von Eberhard Diepgen (CDU) nicht den gewöhnlichen Geschäftspraktiken des Senats entspricht, hat indirekt auch Finanzstaatssekretär Wolfnag Branoner eingeräumt. Auf eine Bitte der „Turnergemeinde in Berlin 1848“, ähnlich wie der FC Union gesponsert zu werden, schrieb Branoner, daß der Senat dem Deal an der Wuhlheide „nur unter dem Vorbehalt zugestimmt (habe), daß damit ein bestimmtes bezirkliches sportpolitisches Ziel verwirklicht wird“. Für diesen Zweck, so Branoner, habe man auch „schwerwiegende städtebauliche, landschaftsplanerische und rechtliche Bedenken zurückgestellt“. Uwe Rada
Siehe auch das Magazin „Klartext“ im ORB, Dienstag, 21 Uhr
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