piwik no script img

ScientologyHamburg betreut Berliner Aussteiger

Der Sohn und die Stieftochter der Berliner Scientology-Direktorin sind nach Hamburg geflüchtet. Eine Anlaufstelle in Berlin gibt es nicht.

Die Hauptstadt-Niederlassung von Scientology in Berlin Bild: dpa

HAMBURG taz Der Sohn und die Stieftochter der Berliner Scientology-Direktorin Kirsten Austinat sind nach Hamburg geflohen. In der Hansestadt werden sie von der Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology des Senats, Ursula Caberta, und dem Jugendamt betreut. Das bestätigte Caberta gestern der taz. Die beiden seien "sicher untergebracht" und würden "in Ruhe beraten".

Die 14-Jährige und ihr 25-jähriger Stiefbruder gaben an, Scientology verlassen zu wollen. Der junge Mann plante deshalb, Berlin zu verlassen. Seine Stiefschwester entschloss sich, ihn zu begleiten, weil sie ein Kontaktverbot befürchtete. Zudem wollten ihre Eltern sie nächsten Monat in ein Internat von Scientology in Dänemark schicken. Das Mädchen will jedoch, so berichtet Caberta, "an einem normalen Gymnasium Abitur machen". Nähere Angaben zur Identität gibt die Behörde nicht bekannt.

Nach Hamburg seien sie gekommen, weil es hier mit Cabertas Dienststelle in der Innenbehörde die bundesweit einzige offizielle Anlaufstelle für Sekten-Aussteiger gibt. Die 52-Jährige leitet die Arbeitsgruppe bereits seit 1992, veröffentlicht regelmäßig Berichte über die Umtriebe von Scientology und hat schon etliche Aussteiger betreut. Inzwischen sind der Vater und die leibliche Mutter des minderjährigen Mädchens in der Hansestadt eingetroffen. Unter Aufsicht von Mitarbeitern der Jugendbehörde trafen sie sich am Montag mit ihrer Tochter zu einem Gespräch.

Caberta hofft darauf, dass die Eltern sich den Wünschen der 14-Jährigen "nicht in den Weg stellen". Sonst müsse ihnen gegebenenfalls durch ein Familiengericht das Sorgerecht entzogen werden.

In den USA gilt die 1954 gegründete Organisation als Kirche, in Deutschland wahlweise als Sekte, gewinnorientierter Psychokonzern oder extremistische Organisation. In den meisten Bundesländern wird sie vom Verfassungsschutz beobachtet, der die Zahl der Mitglieder in Deutschland mit etwa 6.000 angibt. Laut Scientology-Homepage unterhält die Organisation neun "Kirchen" in sieben Altbundesländern.

Nach Ansicht des Bundesinnenministeriums ist Scientology "keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft". Die Ziele seien "eindeutig auf wirtschaftliche Aktivitäten ausgerichtet". Zudem gebe es "tatsächliche Anhaltspunkte" für Bestrebungen, die "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!