: Schwere Schlappe für Jelzin
■ Abgeordnete verdammen Reformpolitik
Moskau (taz) – Rußlands Präsident Boris Jelzin mußte gestern eine empfindliche Schlappe einstecken. Der Volksdeputiertenkongreß, Rußlands höchstes gesetzgebendes Organ, verabschiedete eine Resolution, in der die Reformpolitik der Regierung aufs schärfste verurteilt wird: „Die ökonomische Reform der Regierung, ihre Form und Methoden, widersprechen den Interessen der Mehrheit der Bürger“, hieß es darin. 668 Deputierte stimmten dem zu, nur 210 Volksvertreter schlugen sich auf die Seite des Präsidenten. Die Abgeordneten des von Konservativen dominierten Parlamentes forderten maßgebliche Korrekturen, die eine Verwässerung der Reformen zur Folge hätten. Lohn- und Preisindexierung und staatliche Regulierung des Rubelkurses stehen auf ihrer Wunschliste.
Punkt für Punkt wird das Parlament die Resolution noch einmal durchstimmen. Doch schon ihre generelle Aussage scheint für das Kabinett nicht annehmbar. Zuvor hatte Jelzin an das Parlament appelliert, von einer Verfassungsänderung Abstand zu nehmen, die die Ernennung seiner Minister unter die Kontrolle der Legislative bringen will. Jelzins Anliegen, gestern noch über die Ernennung seines umstrittenen Premierkandidaten Gaidar abzustimmen, wurde verschoben. Als Reaktion auf das „unverantwortliche Verhalten“ drohte Jelzin den Deputierten mit einer Volksabstimmung über die Auflösung des Kongresses. Seite 2
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