: Schwer überfordert
■ betr.: "Nach Toresschluß", taz vom 10.8.90
betr.: „Nach Toresschluß“ (Rezension des Buches „Gemeinsam sind wir unausstehlich“) von Elke Schmitter, taz vom 10.8.90
Es überrascht nicht, daß just der einzige theoretisch einigermaßen gehaltvolle und neue Gedanken artikulierende Beitrag des Sammelbändchens der Rezensentin eitel dummes Geschwätz entlockt. Robert Kurz‘ Aufsatz „Deutschland, einig Irrtum“ bringt eben nicht das, „was die Linke immer schon gesagt hat“, sondern ziemlich genau das Gegenteil. Die „Orthodoxie“ des Autors, die ihm von der Rezensentin angekreidet wird, besteht allein darin, daß er - ganz im Gegensatz zu nahezu der gesamten bisherigen Linken - die Kritik der politischen Ökonomie eben gerade nicht „beschwört“, sondern konsequent weiterzudenken versucht.
Elke Schmitter aber, offensichtlich mit der Zumutung, dem Gang der Argumente zu folgen, schwer überfordert, reagiert bloß mit bedingten Reflexen auf eine Diktion, die ihr schon deswegen obszön vorkommen muß, weil sie von der durchschnittlichen Begriffslosigkeit der Linken (inklusive des abgeklärten Realismus der taz) doch merklich absticht. Daß einer gar an der Kategorie der Totalität festhält, anstatt den allgemeinen Rücksturz in den Positivismus mitzumachen, ist der Rezensentin Anlaß, über die Vergleichbarkeit dieser „luxuriösen Position“ mit den Zeugen Jehovas zu faseln.
Das alles, wie gesagt, nicht gerade überraschend - aber lehrreich ist es doch zu sehen, welche Gedanken heute den dürftigen linken Alltagsverstand zu exhibitionistischen Akten veranlassen.
Hanns-Friedrich v.Bosse, Kaiserslautern (BRD)
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