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Schweizer FrankenDer Schrecken der Eidgenossen

Die Schweizer Zentralbank zieht die Notbremse. Wegen des Franken-Höhenflugs koppelt sie die Währung an den Euro. Das könnte sehr teuer werden.

Wer einen Euro will, muss mindestens 1,20 Franken hinblättern. Bild: reuters

BERLIN taz | Seit Monaten ist die Schweizer Nationalbank (SNB) darum bemüht, den Höhenflug ihrer Währung aufzuhalten. Allein im vergangenen Jahr gab sie zur Abwertung des Franken rund 200 Milliarden Franken für den Kauf von Euro- und Dollarnoten aus.

Doch ohne Wirkung. Der Franken stieg weiter. Nun hat sie sich zu einer besonders drastischen Maßnahme entschlossen: In einer kurzen Mitteilung verkündete sie am Dienstag, dass sie den Franken ab sofort an den Euro koppeln werde. Für einen Euro legte sie einen Mindestkurs von 1,20 Franken fest.

Die "gegenwärtig massive Überbewertung des Schweizer Franken" stelle eine "akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft" dar und berge "das Risiko einer deflationären Entwicklung", hieß es in einer kurzen Nachricht der Züricher Währungshüter. Die SNB strebe daher eine "deutliche und dauerhafte Abschwächung" des Franken an. "Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen", hieß es in dem Schreiben weiter.

Grund für diesen radikalen Schritt ist die seit Monaten ächzende Schweizer Wirtschaft. Die Staatsschuldenkrisen in den Euroländern und den USA sowie die Sorge vor einer Rezession in diesen beiden Wirtschaftsregionen verleitet Anleger weltweit dazu, ihr Vermögen zum Teil in der Schweiz in Sicherheit zu bringen. Dieser gigantische Kapitalzufluss treibt den Franken jedoch in immer neue Höhen. Anfang August lag der Franken gar auf gleicher Höhe mit dem Euro.

Erhebliche Einbußen

Vor allem die Schweizer Exportindustrie leidet unter dem hohen Wechselkurs. Denn auf dem Weltmarkt sind Produkte aus der Alpenrepublik gleich sehr viel teuerer. Laut einer Studie des Dachverbands der Schweizer Wirtschaft fürchten 20 Prozent der Exportunternehmen bereits um ihre Existenz. Und auch die Tourismusindustrie muss erhebliche Einbußen hinnehmen.

Die Zahl der Hotelübernachtungen hat sich allein im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent verringert. Die Schweizer Zentralbank betont, dass der Franken auch bei 1,20 pro Euro hoch bewertet sei. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erforderten, werde die Nationalbank weitere Maßnahmen ergreifen.

Die unmittelbare Intervention der SNB in den Devisenmarkt könnte vor allem die Schweizer Bürger teuer zu stehen kommen: Ihrem Land droht eine hohe Inflation. Denn den Kauf von Euro-Noten muss die Nationalbank über eine Ausweitung der Geldmenge begleichen. Im Zuge von Dollar- und Ölkrise war die Schweiz Ende der siebziger Jahre schon einmal Zufluchtsort panischer Anleger.

Auch damals reagierte die SNB auf die Aufwertung des Franken mit Stützungskäufen, damals von D-Mark und Dollar. Der Wechselkurs vom Franken fiel zwar - damit wuchs aber auch die Franken-Geldmenge. Noch Jahre später lag die Inflationsrate in der Schweiz bei über 5 Prozent.

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13 Kommentare

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  • C
    Copacabana

    Die SNB will den CHF auf 1.20 zum EUR zu halten.

    Dazu muss sie schlechte Devisen (EUR)zukaufen.

    Wie lange kann die SNB dass durchhalten ?

  • AJ
    Andreas J

    Egal ob ein Staat bankrott ist oder solide wirtschaftet. Die Spekulanten und das Kapital finden immer einen Weg sich auf kosten einer Volkswirtschaft zu bereichern. Es gibt einfach zuviel Geld auf dem Finanzmarkt. Dies muß entlich duch Steuern von den Staaten zurückgeholt werden und wieder in die Volkswirtschaften einfließen, zum Wohle aller. Scheiß Kapitalismus!

  • A
    Ammann

    Was bleibt anderes übrig, wenn Banken und Spekulanten immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sin. Der freie (Finanz-) Markt zeigt in den letzten Monaten und Jahren wieder mal seine hässlichste Seite. Am Schluss muss der Staat (und damit der Steuerzahler) es irgendwie richten, so gut es noch geht.

    Da wäre es wohl intelligenter, die Regeln zum Vorherein etwas enger zu gestalten.

     

    Im Weiteren: Natürlich kann ich mir als Schweizer z. Z. etwas mehr leisten, aber mit dem ständig steigenden Risiko, meinen Arbeitsplatz doch noch zu verlieren.

     

    Und der Ordnung halber: Wieso Zür(i)cher Währungshüter? Die Nationalbank ist eine Bundesinstitution und befindet sich direkt neben dem Bundeshaus in Bern. Auch da wird ab und zu Finanzpolitik gemacht.

  • R
    runzbart

    sobald es ums geld geht, hört bei vielen der spass auf. ist die frage, ob neutralität und scheinbare souveränität diesen vielen wichtiger sind als geld.

    bleibt zu hoffen, dass nicht und dass deshalb die eidgenossen sich und ihr nachahmenswertes demokratieverständnis bald in der europäischen familie einbringen werden.

  • R
    Rütlibube

    Lieber Rütlifahrer

    So einfach ist es leider nicht. Es sind längst nicht nur Grosskonzerne die vom Export leben, sonder sehr viele mittelständische Unternehmen. Und weil die Importe aus dem Ausland viel billiger werden, sind auch viele Produkte welche in der Schweiz produziert werden auf dem Inlandmarkt nicht mehr konkurrenzfähig. Viele Firmen hierzulande haben bereits die Arbetiszeit erhöht (blei gleichem Lohn notabene), aber e hat nichts genützt.

  • B
    Branko

    @Rütlifahrer

     

    Genau das ist ja der Haken - das passiert eben nicht.

    Preiserhöhungen werden immer sofort voll durchgereicht.

    Preisnachlässe doch nicht!

    (Das wäre, nebenbei bemerkt, nämlich eine Deflation.)

     

    Die beiden Großhandelsketten Migros und coop haben nach Laaaangem bei einigen Produkten Preisnachlässe von 10..15% gewährt - angesichts des Wechselkurses wären 30%..40% angemessen, was aber unrealistisch ist.

    Die grenznah Wohnenden fahren zum Einkaufen und mitlerweile auch zum Tanken rüber nach Euroland - nur es wohnt eben nicht jeder grenznah und der Zoll tut sich nachwievor schwer die Importe unbeschränkt passieren zu lassen.

    (Die Schweizer Agrarwirtschaft wird durch Zölle genauso geschützt, wie die EU-Bauern nach außen geschützt werden.)

     

    Als Unternehmer erhalten wir nahezu täglich Post:"...gehen wir davon aus, daß Sie uns einen Preisnachlass von 15% gewähren..."

    Das ist nicht so lustig, schließlich können wir Miete, Strom, Heizung, Löhne und Importwaren, erst recht aus nicht $- oder €-Land auch nicht eben einfach mal so eben um 15% senken (Deflation).

     

    Nicht zu unterschätzen sind die Einbußen bezüglich Tourismus; denn nicht die ganze Schweiz ist der Banken- und Versicherungszirkus 'Zürich' oder Chemie-, Pharma- Nahrungsmittelskonzerne. (Das sind zusammen gerademal ca. 20% am BiP der CH.)

     

    Hier in den Bergkantonen werden einige Hoteliers diesen Winter nicht überstehen.

     

    Man stelle sich vor:

    Als vierköpfige, deutsche Familie Abendessen im Restaurant. Schnitzel, Pommes, kl. Salat, Kinderteller, Bier, Spezi, Dessert = ca. 200,- Euro

    Da bucht man doch mal 'ne Woche Vollpension - oder?

     

    In der Tourismusbranche sind hier viele Deutsche beschäftigt (hauptsächlich aus dem arbeitsmarktschwachen Osten).

     

    Kurz:

    Der Hammer kreist rundherum.

    Die Einzigen, die dabei wieder gewinnen werden, sind die großen Geldanleger und Banken.

    Alle anderen verlieren dabei.

     

    Der einzige, wirklich spürbare Vorteil für uns hier zur Zeit ist, daß sich BaFöG derzeit günstig zurückzahlen lässt ;-)))

    Das war's dann aber auch schon, was man als Normalsterblicher außer den täglichen-Horror-Wirtschaftsmeldungen mitkriegt.

  • E
    EnzoAduro

    @Rütlifahrer

    Wenn einem die Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich verlängert werden und die Arbeitslosigkeit steigt, dann ist das auch für den normalen Schweizer schlecht.

     

    Ja er kann Geld sparen indem er über die Grenze fährt etc. aber das kostet ja auch Zeit und Benzin.

     

    Und es trifft sicher auch nicht nur Großkonzerne, sondern auch Mittelständler.

     

    Nebenbei schmelzen die in Fremdwährung gehaltenen Wertpapiere zB die der Pensionskassen, die Renten müsste man also kürzen.

     

    Zur politischen Einordnung: Es sind die Gewerkschaften und Linken die in CH besonders früh ein Eingreifen gefordert haben und die Bürgerlichen die sich hier zurückgahalten haben.

  • E
    EnzoAduro

    @Jörg Noll @fred Stein

    Ja, der Markt reguliert sich selbst. Zum Glück für die Schweizer Wirtschaft ist aber die SNB Teil des Marktes :-)

  • P
    Prophet

    Meine Vorhersage: Das wird spätestens dann wieder geändert, wenn Euro/Dollar wegen fortgesetztem Gelddrucken ganz in die Knie gehen. Aber bis dahin ist es schon lustig, dass sich auch die Schweiz an den Kosten des miesen Wirtschaftens in der Eurozone beteiligen muss.

  • R
    Rütlifahrer

    Ich verstehe das nicht. Aber ich war in Volkswirtschaft auch immer schlecht.

    Jeder Schweizer Bürger müßte sich doch darüber freuen, dass sein Geld in der Tasche viel wert ist. Alle Importe für die Schweizer müssten billiger werden. Ein Schweizer kann sich dann doch mehr leisten. Schweier im Ausland werden noch kaufkräftiger.

    Ok! Die Schweizer Großkonzerne, die exportieren, haben nach außen hin dann teuere Preise gegenüber ausländischen Kunden und damit also evtl. weniger Stückverkäufe. Also ist die Entscheidung den Wert des Franken zu begrenzen bzw. zu schwächen eine Entscheidung die nur mal wieder für ein paar Global Player / Großkonzerne gut ist, aber nicht für das Volk. Und Leute die in der Schweiz Schweizer Produkte mit Franken untereinander handeln kann der Wert eigentlich doch sowieso egal sein, Oder?

  • AP
    Al pha

    Alle Staaten wollen aktuell schwache Währungen damit jeder weltweit ihre Autos, Iphones, Playstations, Taschenmesser, Waffen usw. billig kaufen kann.

     

    Kleine Währungen die Franken haben damit vielleicht ein Problem. Das müsste man mal zahlenmäßig darstellen und wer wie davon profitiert.

    Leider ist antikapitalistische Darkroom-Markt-Intransparenz der Normalfall :-/

     

    Sind sie marktrelevant um den Preis durchzusetzen ?

    Wenn ich mit einem Euro ankomme, kriege ich jetzt mindestens 1,20 Franken. D.h. die bieten einen garantierten "Niedrigpreis" den andere gerne unterbieten können indem sie noch mehr Franken rausdrücken wenn ich meinen Euro auf den Tisch lege.

    So wie man Brotpreise festlegt oder sagt: Für 1 Euro kriegst Du mindestens 1,20 Liter Benzin. Dafür muss man aber Benzin in der Hinterhand haben. Also "Geld drucken" kann diese Zentralbank. Aber dem muss wohl was entgegen stehen, weshalb sie vielleicht Gold verkaufen müssen.

    Der Effekt könnte vielleicht besser erklärt sein.

    Bei DAF ist die Formulierung stärker: D.h. "Weniger als 1,20 gibt es überhaupt gar nicht. Wer woanders weniger kriegt ist dumm und wurde abgezockt.".

     

    Ob man einen Mindestpreis festlegen kann oder ihn sich am Markt erarbeiten muss, ist für mich schon ein relevanter Unterschied.

     

    Man sollte sich von der Konkurrenz abheben und klarer erklären. Die schwabulösen Wirtschaftsberichte der Konkurrenz sollten kein Vorbild sondern Abschreckung sein. Man nimmt sich als 5sterne-Koch ja normalerweise nicht 1-Sterne-Küchen als Vorbild.

  • FS
    fred Stein

    der markt reguliert sich selbst. lol

  • JN
    Jörg Noll

    Ja ja, der freie Markt ...