Schweinegrippe-Kurs entsetzt Ärzte: Impfung "nicht absolut notwendig"
Im Streit über Schweinegrippe-Impfungen hat Ärztekammer-Vizechef Montgomery der Regierung übertriebenes Handeln vorgeworfen. Das Virus sei "weniger gefährlich" als die normale Grippe.
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BERLIN dpa/afp Angesichts der Debatte um verschiedene Impfstoffe gegen Schweinegrippe hat die Bundesärztekammer die Bundesregierung aufgefordert, den für sie bestellten Impfstoff Schwangeren und Kindern zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung könne ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, indem sie auf den Extra-Impfstoff für Minister und Beamte verzichte und stattdessen den allgemeinen Impfstoff benutze, sagte der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der Berliner Zeitung. Er sei entsetzt über das Kommunikationsverhalten der Politik. Es erhöhe nicht gerade die Akzeptanz der Impfung, wenn die Regierung für sich andere Impfstoffe bestelle als für die Bürger.
Montgomery fügte hinzu, er halte das Vorgehen in Sachen Schweinegrippe für übertrieben und die Impfung "nicht für absolut notwendig". Die Schweinegrippe habe sich "als weniger gefährlich herausgestellt als die normale saisonale Grippe oder die Vogelgrippe". Er wies außerdem darauf hin, dass die Impfung wie alle anderen Impfungen auch keinen hundertprozentigen Schutz biete.
Auch der der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach ging mit dem Bundesinnenminister und der Bundeskanzlerin scharf ins Gericht. Er wirft ihnen eine "katastrophale Informationspolitik" bei den unterschiedlichen Impfstoffen gegen die Schweinegrippe vor. Dieses "Versagen" berge "medizinisch erhebliche Risiken und Nebenwirkungen", sagte Lauterbach dem Kölner Stadtanzeiger. Zwar gebe es faktisch keine Qualitätsunterschiede zwischen den bestellten Impfstoffen. Es sei "aber der verheerende Eindruck" entstanden, solche Unterschiede existierten. Folglich könnten viele Menschen sich nicht impfen lassen. Dabei gebe es hinsichtlich der Schweinegrippe "keinerlei Grund zur Entwarnung".
Eine Woche vor dem Start der Massenimpfung gegen die Schweinegrippe war die Bundesregierung am Montag dem Vorwurf einer Zwei-Klassen-Medizin entschieden entgegengetreten. Lediglich Soldaten, Bundespolizisten und Krisenstabs-Mitarbeiter erhielten Impfstoff ohne Wirkstoffverstärker - aber nicht, weil dieser weniger Nebenwirkungen hervorrufe, sondern wegen eines schon vor Aufkommen der Schweinegrippe geschlossenen Vertrags.
Die Debatte darüber, bei welchen Personengruppen eine Impfung wichtig ist, geht indes weiter. Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, ist für das Impfen von Kindern ab drei Jahren gegen die Schweinegrippe. Dies sei besonders bei Kindern mit entsprechenden Risikofaktoren nötig, sagte der Mediziner der Neuen Osnabrücker Zeitung. Man solle die Schweinegrippe nicht verharmlosen. Kinder müssten genauso den Impfstoff bekommen wie Schwangere. Hartmann sagte der Zeitung, Impfstoffe seien in Deutschland sicher. Der Verbandspräsident kritisierte, dass Eltern von den Diskussionen verunsichert seien. Die Aufregung über verschiedene Seren sei nicht nötig.
Bundesweit begann am Montag in der Nähe von Dresden die Verteilung des Schweinegrippe- Impfstoffs mit den strittigen Verstärkerstoffen. Die Impfungen sollen am 26. Oktober beginnen.
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