■ Schweden-Sause: Blaulicht erst nach Elfmeterschießen
Die angeblich so kühlen SchwedInnen waren nicht mehr zu halten. Mit südländischem Temperament wurden Innenstadtbrunnen zu Schwimmbecken umfunktioniert. In Stockholm ließen sich die Feiernden auch von in Krawallausrüstung angerückter Polizei nicht die Laune verderben, und auch für den eingefleischtesten aller Fans endete der Krimi gegen Rumänien glimpflich: Nach dem Ausgleichstor in der Verlängerung erlitt er einen Herzanfall, verbot aber seiner Frau, die Ambulanz zu rufen. Erst nach dem Elfmeterschießen ließ er sich mit Blaulicht retten.
Die Medien feierten glückselig Tommy Svensson, seit vier Jahren Nationaltrainer, hat er jetzt schon mehr erreicht als 1958. Damals verlor Schweden gegen Brasilien im WM-Finale. Damals war aber die WM im eigenen Lande. Also, zählt jetzt alles doppelt soviel wie vor 36 Jahren.
Davon, daß Brasilien zu schlagen ist (Schweden gelang bereits ein 1:1 im Gruppenspiel), ist nach dem Einzug ins Semifinal ganz Fußball-Schweden ohnehin überzeugt. Der noch vor kurzem belächelte „Grundschullehrer“ Tommy Svenson soll's richten, mit seiner Videoshow. Auch wenn er keine Hollywood-Karriere anstrebt: Ein begnadeter Fußballvideoregisseur dürfte er allemal sein – „zuerst habe ich im Training immer nur die positiven Szenen der Gegner gezeigt, jetzt auch die Fehler: Aber immer mit einer konstruktiven Lösung.“ In der Ruhe liegt also die Kraft des Lehrers, der sich bislang nur zur mäßigen Euphorie hinreißen ließ: „Ein Erfolg, der alles Bisherige um Pferdelängen übertrifft.“
„Unsere WM-Helden führen uns ins Finale!“, ist dagegen die Boulevardpresse überzeugt. „Kneif mich in den Arm“, forderte Nachbar Gunnar beim nächtlichen Gemeinschaftsempfang vor der Glotze. Reinhard Wolff, Stockholm
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen