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„Schwarze Stimme“ im Hintergrund

■ Ein in Köln residierender Sektenführer wird zum türkischen Khomeini

Eine Schlüsselfigur der islamisch–fundamentalistischen Bewegung im Ausland ist der in Köln seßhafte Cemalettin Kaplan. Er unterhält enge Beziehungen zu den Führungskadern der fundamentalistischen Sekten in der Türkei. In der vielbeachteten Rede des Ex–Putschisten und gegenwärtigen Staatspräsidenten Evren in Adana wurde er als Drahtzieher islamischer Reaktion, als die „schwarze Stimme“ im Hintergrund bezeichnet. Kaplan begann seine Karriere im staatlichen Religionsamt. Bis zum Militärputsch 1980 war er aktives Mitglied der Nationalen Heilspartei MSP, für die er zur Nationalversammlung, dem türkischen Parlament, kandidierte. Nach dem Putsch hielt er sich eine Zeit lang im Iran auf, bis er sich in der BRD niederließ. Ähnlich der Erlösung des Irans durch Khomeini glaubt er an seine Mission zur Erlösung der Türkei. Gegenwärtig führt er den „Verband islamischer Vereine und Gemeinden“ mit Sitz in Köln an. In dem vierstöckigen Verbandsgebäude wird ein Internat betrieben, wo 103 Schüler im Alter zwischen acht und 15 Jahren in der Lehre unterwiesen werden. Kaplan, der das Krawattentragen als Erfindung der Ungläubigen ablehnt, ist sehr belesen und hat eine Reihe Bücher und Broschüren veröffentlicht, u.a. „Die Frau im Islam“, „Die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Islam“. Seine Lehre wird - jedenfalls in der BRD wie in der Türkei - mit Video–Cassetten verbreitet. Originalton Kaplan: „Wir haben uns dafür entschieden, Seite an Seite mit den Propheten zu kämpfen. Islam heißt Totalität: Religion, Staat, Gottesdient, Politik, Diesseits und Jenseits.“ Die türkische Nation ist moslemisch. Aber die Nation wurde verführt. In die staatliche Karaffe wurde das giftige und krankhafte Wasser des Kemalismus gemischt. Das giftige Wasser des Kemalismus wird aus der Karaffe ausgeschüttet werden und das heilende Wasser der Quelle des Islams wird in sie gefüllt werden.“ Die Aufrufe Kaplans sollen vor allem an den Universitäten auf starke Resonanz stoßen. Gerüchteweise beschäftigen sich bereits ganze Fakultäten mit seiner Islam–Exegese. Insbesondere Studentinnen, die sich der Islamisierung widersetzen, bekommen durch Beschimpfungen und darüber hinausgehende Bedrohungen die Erfolge Kaplans zu spüren.

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