: Schwarze Flecken waren Algenfett
■ Im kalten Winter haben sich Kieselalgen zu stark vermehrt
Texel/Hamburg (dpa) – Die schwarzen Flecken im Wattenmeer bilden sich langsam zurück. Durch das kühle Wetter und den kräftigen Nordwestwind habe sich das Wasser mit neuem Sauerstoff aufgefrischt, berichteten niederländische und deutsche ForscherInnen des Ecomare-Zentrums für Wattenmeer und Nordsee auf der Insel Texel.
Wochenlang hatten schwarze Flecken das Watt vor Deutschland und den Niederlanden bedeckt . Tausende Krebse, Würmer und Muscheln verendeten an Sauerstoffmangel und Schwefelwasserstoffvergiftungen. Vor Niedersachsen waren die stinkenden Verfärbungen so groß wie Fußballfelder.
Das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie hat die Flecken untersucht und führt sie auf eine „naturbedingte Ursache“ zurück. „Ihre starke Ausbreitung ist auf ein explosionsartiges Wachstum einer heimischen Kieselalge vor der Ostfriesischen Küste aufgrund des langen, kalten Winters zurückzuführen“, sagte der Leiter der Abteilung Meereschemie, Hartmut Nies.
Bereits in den 30er Jahren hätten Büsumer Fischer schwarze Flecken nach den Eiswintern beobachtet. Heute wie damals entstanden sie durch „überschüssig abgestorbene Biomasse“ in besonders kalten Wintern. Die starke Ausbreitung in diesem Jahr könne deshalb als „vorübergehendes Ereignis“ betrachtet werden, zitiert der Wissenschaftler aus den jüngsten Untersuchungen des Bundesamtes zu den schwarzen Flecken. Fremdeinwirkungen schließen die Forscher als Ursache aus. UmweltschützerInnen machen die hohe Nährstoffbelastung der Nordsee durch Überdüngung und Schadstoffeinträge für die schwarzen Flecken verantwortlich. Die Kieselalge liebt kaltes Wasser. Der frostige Winter hat ihre extreme Vermehrung erst ermöglicht. Um in der Schwebe zu bleiben, produzieren die Algen ein Fett, das sich an der Wasseroberfläche nach Absterben der Alge absetzt.
Durch ihr starkes Wachstum entstand dabei in diesem Jahr ein Fettfilm „von mehreren tausend Tonnen, der sogar auf Satellitenbildern erkennbar war“, sagte Nies. Der Fettfilm legte sich in Küstennähe auf die Watten und verhinderte dadurch den Sauerstoffaustausch zwischen Watt und Atmosphäre. In einem biochemischen Prozeß wurde durch das Sauerstoffdefizit das Sulfat aus dem Meersalz in Sulfid umgewandelt, das die schwarze Farbe verursachte.
Auch 1947 sei nach einem extremen Eiswinter ein Fettfilm in der Nordsee beobachtet worden.
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