Schwarz-grünes Abkommen in Schweden: Papierlose bekommen Rechte

Der Weg in die Legalität könnte für viele Migranten in Schweden erheblich erleichtert werden. Das sieht eine Vereinbarung zwischen Grünen und Konservativen vor.

Macht die Tür für ausländerfeindliche Kräfte zu: Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Ihr Aufenthalt wird nicht sofort legalisiert. Doch für zehntausende Papierlose in Schweden wird die Zukunft leichter. Ihre Kinder erhalten ein ausdrückliches Recht auf Schulbesuch, der vom Kindergarten bis zum Gymnasium reicht. Außerdem soll die öffentliche Gesundheitsvorsorge für Menschen ohne Papiere in Zukunft offenstehen. Und über Erleichterungen beim Familiennachzug und einer Einwanderung auf den Arbeitsmarkt wird der Weg aus der Illegalität in die Legalität etwas einfacher.

Diese Liberalisierung der Ausländerpolitik - die beispielsweise bisherige Verstöße gegen die UN-Kinderrechtskonvention beendet -, ist Resultat eines Übereinkommens der Regierung mit der grünen Oppositionspartei Miljöpartiet. Seit den Parlamentswahlen im September 2010 blockieren die erstmals in den schwedischen Reichstag gewählten ausländerfeindlichen "Schwedendemokraten" sowohl eine Mehrheit der konservativ-liberalen wie der rot-grünen Parteien. Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt regiert mit einer Minderheitskoalition, die sich von Fall zu Fall eine parlamentarische Mehrheit suchen muss. Und die "Schwedendemokraten" hatten angekündigt, ihre Schlüsselrolle für Verschärfungen im Ausländerrecht nutzen zu wollen.

Reinfeldt ging aufgrund dieser parlamentarischen Zwickmühle in die Offensive. Um nicht bei jeder Ausländerrechtsfrage erst einen Bündnispartner suchen zu müssen, vereinbarte die Regierung mit den Grünen eine umfassende Zusammenarbeit für die gesamte Legislaturperiode. Reinfeldt: "Wir machen damit die Tür für ausländerfeindliche Kräfte in Schweden und in unserem Parlament zu." Grünen-Vorsitzende Maria Wetterstrand sieht dies ebenfalls als zentrale Begründung für die Zusammenarbeit: Schweden dürfe nicht in den Sog einer sukzessiven Ausländerrechtsverschärfung geraten, nur weil eine fremdenfeindliche Partei im Parlament sei.

Gegen die Zusicherung, der flüchtlingspolitischen Linie der EU zu folgen, konnte die Miljöpartiet vor allem für die Gruppe der Papierlosen Verbesserungen herausholen. Den Konservativen, die sich in ihrer restriktiven Ausländerpolitik mit den Sozialdemokraten einig waren, war politisches Kalkül dieses "Opfer" offenbar wert: Rot-Grün war bei den Wahlen noch als Block gegen die Konservativ-Liberalen angetreten. Mit der Herauslösung der Grünen aus diesem Lager ist diese Front nun zerbrochen.

Da die bessere soziale Versorgung für Papierlose gleichzeitig deren Aufenthaltsstatus verbessert, sollen neue Kanäle geöffnet werden, die zu einem legalen Aufenthalt führen können. Wie das genau aussehen soll, ist noch unklar. Aber vermutlich werden die Beweisanforderungen für einen Asylstatus und zum Nachweis eines Verwandtschaftsverhältnisses im Einzelfall gesenkt. Außerdem wird die Tür zur schon jetzt möglichen Arbeitskräfteeinwanderung weiter geöffnet. So soll auch die Absicht, sich eine selbstständige Versorgung aufzubauen, für eine Aufenthaltserlaubnis reichen. Schweden wolle sich ausdrücklich als Land für "Neustarter" profilieren, erklärte Wirtschaftsministerin Maud Olofsson.

Die Gewerkschaften befürchten, dass diese Öffnung zu einem Lohndumping führen könnte, und verweisen auf die schon jetzt hohe Arbeitslosigkeit unter MigrantInnen. Der "Schwedendemokraten"-Vorsitzende Jimmie Åkesson beklagt, dass nun "illegale Einwanderer Zugang zum schwedischen Wohlfahrtssystem bekommen", was umgerechnet einige 100 Millionen Euro kosten dürfte: Er vertraue darauf, dass das den Wählern nicht gefallen werde.

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