piwik no script img

Schwarz-gelber Konflikt nach Karlsruher UrteilKeine Eile! Oder doch?

Während Innenminister de Maizière jetzt rasch ein neues Gesetz zur Vorratsspeicherung verlangt, warnt Leutheusser-Schnarrenberger vor Schnellschüssen. Der Krach ist programmiert.

Freud und Leid ganz nah besammen: De Maizière und Leutheusser-Schnarrenberger Bild: ap

BERLIN rtr/dpa/taz | Auch nach dem Karlsruher Urteil will Bundesinnenminister Thomas (CDU) an der Vorratsdatenspeicherung festhalten. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte er auf, die entsprechende EU-Richtlinie zügig und verfassungskonform in deutsches Recht umzusetzen. "Das Bundesverfassungsgericht hat die EU-Richtlinie nicht beanstandet", sagte de Maizière am Dienstag in Berlin. Es gelte daher, diese Richtlinie umzusetzen.

Die Justizministerin freilich hat es nicht so eilig. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte nicht nur das Urteil ausdrücklich, sie warnte zugleich vor Schnellschüssen bei einer Neufassung des nun gekippten Gesetzes, das die Vorgängerregierung 2008 erlassen hatte.

"Es wird nicht auf den Nimmerleinstag verschoben", sagte die Ministerin. Allerdings dürfe ein Gesetzentwurf nicht mit heißer Nadel gestrickt werden. Wichtig sei eine Abstimmung mit der Europäischen Union. EU-Kommissarin Viviane Reding habe bereits eine kritische Prüfung einer entsprechenden EU-Richtlinie angekündigt und wolle im Herbst erste Ergebnisse bekanntgeben.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung für unzulässig erklärt. Das Gesetz geht auf eine entsprechende Vorgabe aus Brüssel zurück.

Damit ist offenbar ein Konflikt zwischen Union und FDP programmiert: Leutheusser-Schnarrenberger hatte noch als Oppositionspolitikerin die Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung mit auf den Weg gebracht. Zudem setzte sie sich in den Koalitionsverhandlungen im Herbst für eine Aussetzung der entsprechenden Regelungen ein. Und so konnte sie sich am Dienstag richtig freuen über das Urteil.

Ganz anders de Maizière: "Ich hätte mir am heutigen Tag ein anderes Urteil gewünscht." Aber das Bundesverfassungsgericht habe das letzte Wort. Die Richter hätten jedoch Wege aufgezeigt, wie man die Vorratsdatenspeicherung verfassungskonform umsetzen könne. Dafür zuständig sei nun die Justizministerin, betonte de Maizière. Um ihr gleich noch einen Rat mit auf den Weg zu geben: "Jetzt ist es an der Zeit, nicht mehr nur "Nein" zu sagen", so der Innenminister. "Sondern jetzt ist es an der Zeit, kluge Gesetzgebungsarbeit zu leisten."

Nur was ist klug? Leutheusser-Schnarrenberger macht sich da so ihre eigenen Gedanken: Das Urteil mache deutlich, sagte sie, dass die Grundrechte auch in Zeiten der Gefährdung, etwa bei terroristischen Bedrohungen, gälten. Es sei auch mit Blick etwa auf die geplante Langzeitspeicherung europäischer Fluggast-Daten von großer Bedeutung. Zudem werde der schwarz-gelben Koalition damit der Rücken bei datenschutzrechtlichen Vorhaben gestärkt, die im Koalitionsvertrag vereinbart worden seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • N
    Nora

    Ja beeile Dich mal lieber Innenminister,

     

    denn Deutschland steht ja an 10. Stelle im Ranking der elektronischen Polizeistaaten!

     

    Diese Spitzenposition bei der Bespitzelung seiner Bürger muß gehalten werden..

     

    siehe: www.macwelt.de/artikel/_News/365700/ueberwachungsstaat_deutschland_weltweit_auf_platz_10/1

     

     

    Oder mal googeln, nach:

     

    elektronischer Polizeistaat Deutschland

     

     

    .

  • E
    eMCe

    Wenn ich an die Netzsperren denke und an die dubiose Unterwanderung der Demokratie, die die Bundesregierung damit getrieben hat(vielmehr treibt), glaub ich da mal an garnix.

    Nutznießer sind sowieso andere, nämlich Konzerne die noch effektiver einen mit Werbung penetrieren können und noch besser über ihre Angestellten, ihre Freizeit und Möglichkeiten Bescheid wissen.

    Da man die ohnehin nicht belehrt bekommt bin ich dafür Kapitalisten mit IHREM Kapitalismus zu konfrontieren, der schwing in der BRD grundsätzlich nur in eine Richtung, vom Bürger nehmen den Konzernen geben.

    Da die Konzerne was von mir wollen, sollten sie doch für jeden "übergriff" 250€ an die entsprechende Person bezahlen, meinetwegen Anonym und 3Monate später, schließlich ist nichts umsonst...

  • FN
    Fritz Noss

    Die Terroristen sind für die hoch technologisierte CIA schwer zu fassen, weil sie nicht mit Mobiltelefonen oder mit Hilfe des Internets agieren, sondern alle Mitteilungen und Aufträge persönlich mitteilen oder auf kleinen Zetteln in toten Briefkästen übermitteln.

     

    (Wikipedia: Film "der mann der niemals lebte")

     

    Der Film präsentiert uns das Thema der Vorratsdatenspeicherung! Trotz Supertechnik haben wir keine Möglichkeit uns eines Terroraktes zu entziehen!

     

    "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley läßt grüßen!