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Archiv-Artikel

Schulsenatorin kann nicht zählen

Die Hamburger Bildungspolitik wird immer verwirrender: Senatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) kann der Bürgerschaft keine eindeutigen Angaben über die Zahl der Lehrer an Hamburgs Schulen machen

„Ich will endlich wissen, wie viel Personal an Hamburgs Schulen ist“, sagt Willfried Maier, der Haushaltsexperte der GAL

Erinnerungen an die legendären Auftritte des einstigen Schulsenators Rudolf Lange (FDP) sind gestern in der Bürgerschaft wach geworden. Der Admiral scheiterte vor einigen Jahren in der Koalition mit CDU und Schill am Zahlenchaos in der Kita- und Schulpolitik. Seine Nachfolgerin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) stellte gestern unter Beweis, dass auch sie zu scheitern versteht.

SPD und GAL hatten wissen wollen, wie viele LehrerInnen an Hamburgs Schulen unterrichten. Vor einer Woche hatte sich die Senatorin auf ihrer Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn geweigert, den Journalisten diese Frage zu beantworten. Die Schulen seien „versorgt, das reicht doch“, hatte Dinges-Dierig erklärt. Gestern präsentierte sie dem Parlament gleich drei verschiedene Zahlen.

„Knapp 15.000 Lehrerstellen“ im Schuljahr 2006/2007 seien der Kultusministerkonferenz gemeldet worden, sagte sie. Ein Vergleich mit dem Jahr davor sei aber nicht möglich, weil damals „durch einen Fehler etwa 1.000 zu wenig gemeldet“ worden seien. Zu einem späteren Zeitpunkt der Debatte behauptete Dinges-Dierig nach vehementem Nachbohren der Opposition, dass ihr die exakte Zahl bekannt sei: 13.500 Lehrer würden an Hamburgs Schulen unterrichten.

Die Opposition vermochte es nicht zu fassen. Es war der grüne Fraktionsvize Willfried Maier, der „ausdrücklich als Mitglied des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft“ das Fragespiel auf den Punkt brachte: „Ich will endlich wissen, wie viel Personal an Hamburgs Schulen ist“, sagte Maier, und fügte zur Klarstellung hinzu, dass er ebenfalls wissen wolle, „über welche Zahlen wir bei den Etatberatungen der Bürgerschaft überhaupt geredet haben“.

Eine präzise Antwort erhielt Maier nicht, dafür aber den Hinweis der Senatorin, dass der Bedarf an Lehrerstellen in den Schulen „zu 100 Prozent gedeckt“ sei: „Was wir in die Schulen investieren, kommt vollständig bei den Kindern an.“

Ein Auftritt, der die gesamte Phalanx oppositioneller SchulpolitikerInnen – Christa Goetsch (GAL) sowie Britta Ernst, Sabine Boeddinghaus und Wilfried Buss (alle SPD) – ans Rednerpult trieb. Der Bedarf sei „nur rechnerisch gedeckt“, weil die Behörde ihn „heruntermanipuliert“ habe, so ihr übereinstimmender Vorwurf. Mit dem Effekt, dass die Schülerzahlen stiegen, die der Lehrer aber sänken.

Die Argumentation der Senatorin sei „billig und lächerlich“, ereiferte sich Goetsch. Für Ernst wurde deutlich, „dass es einen massiven Abbau an Lehrerstellen gab und gibt, seit die CDU in dieser Stadt regiert“. Wie groß dieser Abbau ist, wird in den nächsten Monaten in Sondersitzungen des Schul- und des Haushaltsausschusses geklärt werden müssen. SVEN-MICHAEL VEIT