Schulreform: Bildungssenator überspringt Schuljahr
Alles wird anders in der Berliner Bildungslandschaft - allerdings erst zum Schuljahr 2010/11. Die Schüler profitieren noch nicht davon, erstmal gibt's bloß Baulärm und Stundenausfall.
Elf Seiten lang ist die Mitteilung, die Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) zur diesjährigen Pressekonferenz zum neuen Schuljahr an die Medienvertreter verteilen lässt. Das zeigt: Es stehen in der Zukunft eine Menge Veränderungen an - die meisten aber erst zum nächsten Schuljahr. Denn ab 2010/11 greift die Schulstrukturreform. Die SchülerInnen, die in diesem Schuljahr mit der Oberschule beginnen, können einem fast ein wenig Leid tun: Ihnen wird nämlich einiges aufgebürdet. In den Genuss der geplanten Veränderungen kommen werden sie im Gegenzug aber nicht.
Aufgebürdet wird ihnen etwa der Baulärm: Gut eine halbe Milliarde Euro investiert Berlin in den kommenden zwei Jahren in Baumaßnahmen, die die Berliner Schulgebäude für die Reform fit machen soll. So wird etwa ein Gymnasium pro Bezirk zum Ganztagsgymnasium mit den nötigen Aufenthalts- und Speiseräumen umgebaut. Den Einbau von Mensen sieht der Plan des Schulsenators für alle Gymnasien vor, da sich deren Stundenzahl in den Nachmittag hinein erhöht hat. Grund ist die Abschaffung des 13. Schuljahres.
Bisher wurden rund 150 Baumaßnahmen an Schulen bewilligt. Wo bereits gebaut wird, konnten selbst die MitarbeiterInnen der Verwaltung nicht ermitteln - die SchülerInnen werden es ab Montag sehen und hören.
Und vielleicht trotz Lärm und Staub darüber froh sein: Denn immerhin sind die Baumaßnahmen ein Indiz dafür, dass ihre Schule eine Zukunft hat. In manchen Bezirken ist bis heute nicht klar, welche Schulen geschlossen werden. Aber nicht immer sind Baumaßnahmen ein sicheres Indiz für das Weiterbestehen. Etwa in Neukölln: An der Löwenstein-Hauptschule wird derzeit ein Elterncafé eingebaut. Ob seine Schule aber im Rahmen der Strukturreform überhaupt bestehen bleibt, weiß Schulleiter Detlef Pawollek nicht.
Und mit noch etwas müssen die neuen Oberschüler rechnen: Mit Stundenausfall. Denn ab sofort sollen auch die Fortbildungsmaßnahmen beginnen, mit denen das Lehrpersonal auf die veränderten Anforderungen der Sekundarschulen vorbereitet werden sollen. Denn in den Klassen sollen SchülerInnen unterschiedlichster Kompetenzen gemeinsam lernen. Dafür sieht die Reform für die neuen Schulen auch mehr Lehrer, mehr Zusatzpersonal und kleinere Klassen vor - auch das aber natürlich erst ab dem nächsten Schuljahr.
Wer jetzt in die Siebte kommt und dennoch von der Schulstrukturreform profitieren will, dem bleibt nur eins: Sitzenbleiben. Das aber unbedingt gleich! Denn mit der reformbedingten Änderung des Schulgesetzes geht auch das ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!