Schulreform im Saarland: Lafontaine Seit an Seit mit Jamaika
Die Linkspartei sorgt mit CDU, FDP und Grünen für die Durchsetzung einer umstrittenen Schulreform. Das dreigliedrige Schulsystem soll abgeschafft werden.
SAARBRÜCKEN taz | Das umstrittene saarländische Gesetz zur Einführung der Gemeinschaftsschule neben dem Gymnasium, das sogenannte Zweisäulenmodell, ist am Mittwoch im Landtag mit den Stimmen der Koalitionsparteien CDU, FDP sowie der Grünen und der Linkspartei verabschiedet worden. Zuvor hatte die Fraktion der Linken mit Oskar Lafontaine an der Spitze für die notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung der Landesverfassung gesorgt. Bislang war das dreigliedrige Schulsystem in der Verfassung festgeschrieben. Das gab es noch nicht: Jamaika-Koalition und Linkspartei - eine Front.
Die Sozialdemokraten im Landtag sprachen von einem "merkwürdigen Pakt". Sie stimmten sowohl gegen die beantragte Verfassungsänderung als auch gegen das Schulreformgesetz, das auch von Lehrer- und Elternverbänden sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) abgelehnt wird. Die Gemeinschaftsschule nach dem Jamaika-Konzept sei nach Aussage des bildungspolitischen Sprechers der SPD-Faktion, Ulrich Commerçon, keine gleichwertige Schule, die mit dem Gymnasium konkurrieren könne.
Der Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife würden an den Gymnasien zukünftig ohne Prüfung erreicht werden können, in der Gemeinschaftsschule dagegen nicht. Zudem mangele es an einem pädagogischen Konzept und an einer auf die Gemeinschaftsschule zugeschnittenen Lehrerausbildung. Auch die Klassen seien "zu groß konzipiert".
SPD: Jamaika kauft Linke
Lafontaine hatte das Abstimmungsverhalten der Linken bei der beantragten Verfassungsänderung zuvor damit begründet, dass eine reformierte Verfassung der Programmatik der Linken eher entspreche als die bestehende mit der Festschreibung des dreigliedrigen Schulsystems. Darüber hinaus habe Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) zugesichert, den latenten Unterrichtsausfall an den saarländischen Schulen mit einer "Lehrerfeuerwehr" zu bekämpfen. Den Vorwurf der SPD, von Jamaika "eingekauft worden" zu sein, wies Lafontaine zurück. Um der Sache willen habe man sich zu einer Zustimmung durchgerungen. Das Schulreformgesetz entspreche sicher nicht den Idealvorstellungen der Linken, sagte Lafontaine. Es sei aber ein "vernünftiger Kompromiss".
Beide Vorlagen wurden in erster Lesung angenommen und zur Beratung in den Fachausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen.
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