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Schulhof-Comic gegen IslamismusSprechblasen für Schläfer

Der Verfassungsschutz in NRW will Schüler vom Islamismus abhalten - mit einem platten Comic und Ratschlägen wie: "Spiel nicht im Team der Mudschaheddin".

Ey, Alter, Murat hat voll Stress, aber am Ende wird alles gut, eh klar Bild: codex

Es wird eng auf deutschen Schulhöfen: Die NPD verteilt CDs für rechts, die Sozialistische Jugend verteilt CDs gegen rechts, und der Mitteldeutsche Rundfunk verteilt wiederum CDs für Respekt und Toleranz.

Nun wollen auch noch die nordrhein-westfälischen Verfassungsschützer die Schülerinnen und Schüler mit einem neuen Comic beglücken. Der Titel: "Andis Freund Murat hat Stress". Und was aus Muslimen, die Stress haben, schnell werden kann, erzählt der Comic auch. Denn beinahe driftet Andis Kumpel Murat in die Islamistenszene ab, und das nur, weil er schlechte Noten hat, keine Ausbildungsstelle bekommt und überhaupt alles ein bisschen schwierig ist für einen jungen Muslim in Deutschland.

Der Comic lässt keine Plattheit aus: Just, als Murat in sein Deprivationsloch fällt und überall nur noch Ausländerfeindlichkeit und Ausgrenzung wittert, taucht ein neuer Mitschüler auf, der einen Fundi-Islam vertritt - und Murat auch gleich zu einem Hassprediger schleppt. Der gibt Murat ein kleines Einmaleins des heiligen Krieges: Scharia ist super, die Ungläubigen ("Kuffar") müssen bekämpft werden, Imperialisten und Zionisten sowieso. Die Terror-DVD gibts gratis dazu. Und plötzlich spielt Klein Murat im Team der Mudschaheddin - bis zum Happyend.

Der Comic ist bereits der zweite Teil der "Andi"-Reihe. Im ersten vor zwei Jahren erschienenen Heft, hatten sich die NRW-Verfassungsschützer dem Rechtsextremismus entgegengestellt, mit Nazi "Eisenheinrich" und Skingirl Magda in den Nebenrollen und Andi in der Hauptrolle. 170.000 Hefte wurden seitdem verteilt, das nordrhein-westfälische Innenministerium feiert das als großen Erfolg.

Doch wie so oft bei Gewaltpräventionsprogrammen ist das Heft zwar sowohl gut gemeint als auch gut gemacht - deshalb aber noch lange nicht gut. Denn wie der erste Teil ist "Andi 2" ein peinlicher Versuch, sich bei den Jugendlichen anzubiedern, und das nicht nur beim Sprachcode. Das eine oder andere "echt krass", "korrekt" oder "Alter" mag man noch verzeihen. Murats supercooles Outfit aus Baggypants, Beanie-Wollmütze und Basketballshirt: geschenkt. Aber dass Nordrhein-Westfalens Innenminister Dr. Ingo Wolf (FDP) als Comicfigur auftritt und die Teenager per Sprechblase warnt: "Extremisten versuchen Jugendliche wie auch mit ihrer Propaganda zu ködern" - das wird die Nachwuchsschläfer in den Schulen bestimmt von ihrem Weg zum Attentäter abbringen.

Hätten doch nur die Bombenbastler Fritz G. und Daniel S. "Andi" gelesen, das Problem des "home grown terrorism" wäre Deutschland garantiert erspart geblieben.

Experten haben denn auch Zweifel, dass die Steuergelder von 33.000 Euro für den "Andi 2"-Comic, der zunächst in einer Startauflage von 100.000 erscheint, sinnvoll ausgegeben sind. "Ich glaube kaum, dass die Jugendlichen den Comic überhaupt ernst nehmen", sagt Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, der sich den Comic für die taz durchgelesen hat. "Das Heft ist sehr schwarz-weiß-malerisch."

Den erwartbaren Nutzen der Aktion hält er deshalb auch für eher niedrig, das Risiko dagegen für nicht unerheblich. "Das kann voll nach hinten losgehen", sagt Pfeiffer. "Ich sehe die Gefahr, dass sich einige Muslime gekränkt fühlen."

Und tatsächlich: Bei den muslimischen Verbänden brodelt es nach Erscheinen des Hefts bereits.

Der Zentralrat der Muslime beschwert sich auf seinen Internetseiten darüber, dass die muslimischen Gemeinschaften nicht um Rat gefragt wurden, als der "Andi"-Comic entwickelt wurde. "Die präventive Wirkung wäre um ein Vielfaches größer gewesen", heißt es dort beleidigt.

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9 Kommentare

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  • HS
    Hülya Sancak

    Ich habe das Büchlein gelesen: Fazit: Nicht schlecht. Den Kommentar von Herrn W.Schmidt finde ich unangemessen sarkastisch und vor allem, er ist zu leichtsinnig. Kritik üben, soll nicht heissen, schikanieren und ruinieren.

     

    gruß

     

    hülya

  • EF
    Experte für Alles, Ehrlich!

    Unabhängig zu meiner bislang reichlich unterentwickelten Meinung zum Sinn und Unsinn dieser Comics - wieso wird eigentlich immer der Fachexperte für alles Christian Pfeiffer gefragt? Und wieso beschwert ausgerechnet dieser sich über Schwarz-Weiß-Malerei? Für seinen Hang zur Selbstironie ist er ja nicht gerade bekannt ...

  • DT
    Deniz Türkoglu

    Ich bin überzeugt das ein Schritt ein Schritt ist ja ich denke auch das dieser comic nicht wie soll ich das ausdrücken "laut" ist aber es ist ein Ton ...jeder der sich bemüht hat ein Ton und es kommt an davon bin ich überzeugt, jedoch hoffe ich das es rechtzeitig bei vielen ankommen wird. Diese Art an Bemühung ist schon lange überfaelig...

  • E
    Enttäuscht

    Ein unglaublich schlecht gemachter Artikel: nicht nur dass FDP-Minister Wolf zum CDU-Mann gemacht wird, wer den Kommentar des Zentralrats der Muslime liest, kann keinesfalls darauf kommen, dass es "bei den muslimischen Verbänden brodelt" (siehe: http://www.islam.de/9329.php). Ich möchte auch nicht wissen, wie lange der Redakteur gesucht hat, bis endlich jemand zu Protokoll gab, dass sich "einige Muslime gekränkt fühlen" könnten. Ja, recherchieren kostet ja leider so viel Zeit. Unterstes BILD-Niveau.

  • BW
    B. Weiß

    Dem Text nach ist zu erkennen, dass der Autor an dem Comic kein gutes Haar mehr lässt. Es ist zu lesen, dass der Comic "keine Plattheit" auslässt, dass er gut gemeint und gedacht sei - "deshalb aber noch lange nicht gut" und "Experten haben denn auch Zweifel" in Bezug auf die Verwendung von Steuergeldern dafür. Herr Pfeiffer wird zitiert, weil dieser das Heft "sehr schwarz-weiß-malerisch" sieht und den Nutzen davon "eher niedrig", das Risiko aber "nicht unerheblich".

    Der Comic ist also schlecht.

    Nur - jeder nichtmuslimische Mensch darf das sagen bzw. schreiben. Wenn eine muslimische Seite dann anbietet, doch die Muslime bei der Beratung eines solchen durchaus wichtigen Informationspapiers dabei mithelfen zu lassen (schließlich sollen sie sich anschließend ja auch wieder zu jeder möglichen und unmöglichen Untat äußern bzw. davon distanzieren)und es bedauert, dass dem nicht so war, dann glaubt der Autor zu wissen, dass es "brodelt" bei den Institutionen! Wieso? Woher hat er die angebliche Information?

    Wieso ist ein solcher Hinweis eine Beschwerde des ZMD?

    Und: Die muslimischen Organisationen sind nicht "beleidigt", nur weil sie ihre Mithilfe anbieten!

     

    Lässt sich vielleicht aus der Art der Darstellung dieses Artikels die Einstellung des Autors zu den muslimischen Organistionen ablesen? - Wie dem auch sei, die Gedanken sind frei.

    Ich würde mir wünschen, dass bei der Zeitung, die ich am liebsten lese, keine so "brandstifterischen" Texte geschrieben und veröffentlicht werden. Das passt nicht zur taz.

  • H
    Haydar

    Hmmja...Der "Spiel nicht im Team..."-Slogan bringt tatsächlich noch etwas comicmäßigen Frohsinn hinein, aber sonst kommt der Comic leider tatsächlich teils recht platt rüber, was neben der vergebenen Chance zur Aufklärung zusätzlich das sehr ärgerliche & in sich selber hohle Klischee bedient, daß Comics halt höchstens für platte Zwecke taugen & dabei nicht klüger sein sollen oder dürfen als Micky Maus oder Fix & Foxi (nach dem Motto: wir wollen da ein paar eher schlichte Gemüter bewahren, dann nutzen wir am besten mal dieses Medium für Kids & Leseallergiker). Problematisch außerdem: in der Darstellung der Figuren kommt der Comic leider nicht umhin, sich gewisser angespannter Feindbild-Stilmittel zu bedienen, die er doch selber in der Darstellung des Westens durch den Jungfundi & den behaart-dicken Hinterhofprediger anprangert (z.B. das Bild vom prügelnd-kinokartenzerreissenden Verrückten); Das hat m.E. genauso was von einem Hassbild wie die kritisierte Anti-West-Polemik & hilft nun wirklich keinem.

    Und 1 Frage noch: wer malt mal endlich einen Comic, der mich über den richtigen Umgang & die passenden Gegenargumente mit den Zeugen Jehovas aufklärt? Ich hab ja gar nix gegen die, aber die versuchen wirklich immer wieder, mich zu bekehren, und ich will ja gar nicht! Und die sind voll trainiert, die Brüder, aber ich finde halt Bluttransfusionen & Geburstagsfeiern nicht so schlimm, ehrlich...(wenn mir die respektvolle Polemik mal gestattet sei; finde es natürlich cool, wie sie den Grunddienst total verweigern, aber will trotzdem nicht wechseln...)

  • HA
    Helena Anderssen

    Einige Mitglieder der islam. Verbände sind also "verstimmt"? Ja, und, sind sie das nicht immer? Anstatt etwas gegen die Extremisten in den eigenen Reihen zu unternehmen, berechtigte Kritik anzunehmen, sie konstruktiv umzusetzen, und offensichtliche, bekannte Probleme zu lösen, wird lamentiert, die Existentz von Problemen vielfach gänzlich dementiert, und sich, so wie in diesem Falle, mit künstlicher Aufregung zu inzenieren und jegliche Projekte seitens der Regierung zu kritisieren? Was soll an den Comics schlecht sein? Gegen Rechtsextremismus gibt es sie auch, worüber. sich keiner Beschwert hatte. Zudem decken sich die im Comic verwendeten Klischees und die Realität; leider.

     

    Die Neigung zu Gewaltbereischaft und Extremismus resultiert vor allem aus persönlichen, psychischen Defiziten, und nicht aus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Das zeigt schon die Tatsache, das auch Deutsche deutscher Herkunft sich zu radikal-islamischen Positionen bekennen, und sogar Terroranschläge geplant haben.

     

    Verlockend ist für diese psych. instabilen Menschen vor allem das Gefühl der persönlichen Aufwertung in der neuen Pemeinschaft, und das vom mühsamen, eigenständigen Denken befreiende, simplifizierte Weltbild, eindeutige Verhaltensregeln, und vorgefertige, nicht weiter zu hinterfragende, da von der eigenen Gemeinde akzeptierte "Gut-Böhse-Raster".

  • VD
    Von der taz enttäuscht

    Nachdem die taz auch schon 9 Tage nach Erscheinen über den neuen Andi-Comic berichtet, tut sie es auch noch grottenschlecht. Wie lange hat der Redakteur wohl gesucht, bis mit Christian Pfeiffer endlich jemand kundgab, dass sich Muslime gekränkt fühlen könnten? Und wer sich die Verlautbarung des Zentralrats der Muslime mal durchliest, der kann nicht ernsthaft schreiben, dass es nun bei den muslimischen Verbänden "brodelt". Warum druckt die taz so einen in jeder Hinsicht schlecht gemachten Artikel ab, der auch noch den FDP-Minister Wolf CDU-Mann macht? Enttäuschend.

  • WO
    Wingo Olf

    tut mir leid, euch das sagen zu müssen aber ingo wolf ist bei der fdp. und: ironie funktioniert in solchen texten nur begrenzt und hier gar nicht.