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Schuldenkrise in den USAEs droht die Zahlungsunfähigkeit

Obama-Regierung und Opposition können sich nicht auf einen Defizitabbau einigen. Ohne den aber wollen die Republikaner die Schuldenobergrenze nicht erhöhen.

Hat auch nichts gebracht: Gemeinsames Golfen von Obama (li) und Boehner (re). Bild: dapd

WASHINGTON taz | "Üble Folgen" - sowohl für die USA, als auch für den Rest der Welt - prognostiziert die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) für den Fall, dass Washington es bis Anfang August nicht schafft, seine Schuldenlimits zu erhöhen. Die derzeitige Obergrenze von 14,3 Billionen Dollar (10 Billionen Euro) ist bereits erreicht.

Sollte der Kongress die Verschiebung nach oben nicht schaffen, wären die USA am 2. August zahlungsunfähig. Laut IWF-Chefin Christine Lagarde wären die Folge unter anderem steigende Zinsen, fallende Aktienkurse und Gefahren für die Stabilität der Weltwirtschaft.

Doch während die Uhr tickt, zeigen sich zwischen Präsident Barack Obama und der republikanischen Opposition, die die Mehrheit im Repräsentantenhaus hält, kaum Annäherungen. Am Sonntagabend ist im Weißen Haus erneut ein Versuch gescheitert, ein gemeinsames Paket zu schnüren. Der "Schuldengipfel" ging nach nur einer Stunde und 15 Minuten ergebnislos zu Ende.

Zwischen beiden Seiten klafft eine Lücke von 2 Billionen: Obama will das US-Defizit in den nächsten zehn Jahren um 4 Billionen Dollar verringern. Die RepublikanerInnen sind nicht bereit, die darin enthaltenen 2 Billionen Einnahmen durch Steuererhöhungen in der oberen Einkommensklasse mitzutragen. Sie wollen an den Niedrigsteuern festhalten Die Steuerobergrenze in den USA liegt gegenwärtig bei 35 Prozent.

Tea-Party ist gegen Steuererhöhungen

Nach der Doktrin der RepublikanerInnen - und insbesondere ihrer im November neu in den Kongress gewählten Rechts-außen-Leute von der Tea Party - wären Steuererhöhungen für die "Mittelschicht" unerträglich und würden zusätzliche "Jobs killen". Für die Tea-Party steht das "Nein" zu jeder Form von Steuererhöhung im Zentrum ihres Programms. Obama will die Steuern für Einkommen über 250.000 Dollar im Jahr erhöhen. Gegenwärtig profitieren diese SpitzenverdienerInnen von Steuersenkungen, die George W. Bush ihnen geschenkt hat.

In den vergangenen Wochen hatte es mehrfach Vier-Augen-Treffen zwischen Obama und John Boehner, dem republikanischen Chef des Repräsentantenhauses gegeben. Unter anderem waren die beiden Männer zusammen Golf spielen. Den Informationen aus dem Weißen Haus zufolge hatte es dabei so ausgesehen, als könnte das ungleiche Paar Obama/Boehmer eine gemeinsame Lösung für die Schuldenlage vorlegen. Mehrere Sprecher Obamas ließen durchblicken, dass der Präsident auch erwäge, zu diesem Zweck die Sozialversicherung und die staatliche Gesundheitsversorgung für Alte anzutasten.

Obamas Wiederwahl ist gefährdet

Doch als Ende vergangener Woche klar wurde, dass das Weiße Haus parallel zu diesen Einsparungen auch die Steuern im oberen Bereich anheben will, ließ Boehner die Hoffnung auf ein gemeinsames Paket am Samstag platzen.

Auf der Linken sorgt die Absicht, Sozialversicherung und Gesundheitsversorgung in ein globales Sparpaket einzubauen, für Verwerfungen. Nancy Pelosi, Chefin der DemokratInnen im Repräsentantenhaus, schließt Kürzungen in diesen Bereichen kategorisch aus. Andere linke DemokratInnen glauben nicht, dass Obama im nächsten Jahr wiedergewählt wird, wenn er die Sozialleistungen antastet.

Nach dem Scheitern des Schuldengipfels vom Sonntagabend hat das Weiße Haus für Montag erneut zu Gesprächen eingeladen. US-Finanzminister Timothy Geithner erklärt, dass beide Seiten Kompromisse machen müssen. "Es gibt kein einziges glaubwürdiges Argument, mit dem ein respektabler politischer Chef zum ersten Mal in der Geschichte erklären könnte: Die USA sind zahlungsunfähig", sagte er in einem Interview.

Eine Einigung wäre in dieser oder spätestens der nächsten Woche nötig. Andernfalls erscheint es unwahrscheinlich, dass der Kongress einer Erhöhung der Schuldengrenze zustimmt.

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7 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Bieber

    Der Streit um die Schuldenmisere in den USA nimmt groteske Züge an. Die Republikaner scheinen lieber ein Scheitern des Staats in Kauf zu nehmen, als über neue Steuern nachzudenken. Wenn es so weitergeht, wird aus Washington bald Athen:

    http://bit.ly/pCD8Nl

  • L
    Leser

    Ich möchte den Kommentar von ralfgregorius unterstützen - auch meiner Ansicht nach bietet sich hier ein weites Feld für tiefergehende Berichterstattung und gerade von der TAZ erwarte ich mir hier detailliertere Analysen als von der Konkurrenz.

  • W
    Werner

    Es mag noch kleinere Details geben, wo sich sozialdemokratische und konservative Regierungen in Europa unterscheiden - in einem Punkt jedenfalls sind sie identisch: im Verzicht darauf Politik zu machen, und stattdessen völlige Unterwerfung unter die Interessen der "Märkte".

    Hat es Anfang der 90-er Jahre George Soros noch ganz alleine geschafft, die britische Regierung zur Abwertung des Pfunds zu zwingen, um sich ungeheuer zu bereichern, haben die Investment- und hedge funds heute den Euro im Visier.

    Warum spekulieren sie nicht gegen den Dollar, wo doch die USA im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt eine höhere Verschuldung als Griechenland haben?

    Die 3 Rating-Agenturen sind US-amerikanische Unternehmen, deshalb wird zuerst Europa ausgelutscht, bevor sie sich an die eigene Währung wagen.

    Weiter so, meine Damen und Herren, mal sehen, wie lange wir uns das noch gefallen lassen.

  • A
    aurorua

    Ein Land in dem die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine staatlich/solidarische medizinische Versorgung aller demonstriert, kann von mir aus ruhig wirtschaftlich zu Grunde gehen.

  • V
    vic

    Wer derartige Summen für Rüstung und Kriege ausgibt, hat die Staatspleite verdient.

    Die Schuldengrenze zu erhöhen wenn sie erreicht ist, gleicht dem ökonomischen Offenbarungseid und erinnert an Atomknechte, deren Strahlenhöchstbelastung erhöht wird, kurz bevor sie überschritten ist.

    Maybe you can, Mister President.

  • R
    ralfgregorius

    Auch hier finde ich den Artikel noch eine

    Spur zu kurz gegriffen.

    Was passiert eigentlich wenn der Staat zahlungsunfähig ist?

    Etwa der Wechsel hin zu einem eher aristokratischen

    Regime?

    Wird die USA dann zum zweiten China mit

    einer Einmachtpartei?

    Und kommt es dann zum Krieg, um die inneramerikanische Vorherrschaft?

    Oder wahrscheinlicher:

    Es werden reihenfach Behörden aufgelöst,

    und Schulen geschlossen, um irgendwie weiterzumachen.

     

    Weil die Millionäre in der Regierung problemlos

    einige Monate ohne Einnahmen auskommen können,

    stellen sie sich vielleicht nicht die Frage,

    wie die staatlichen Bediensteten über die Runden

    kommen sollen.

    Die Folgen der Korrumpierbarkeit lassen sich ja

    gut an Russland ablesen.

     

    Busch wollte unbedingt das Nation-Building betreiben,

    nun wo ein militärisch umfassender Eingriff

    gewollt und ethisch vertretbar wäre, sind

    die NATO-Staaten pleite.

    Wirklich zu dumm gelaufen und die Früchte des

    Engagements in Irak und Afghanistan unverhältnismäßig

    sauer verdient.

  • A
    AnDieWandIn

    tja, und dann überzeug mal einer die amerikaner, dass sie da nur rauskommen, wenn sie obama wiederwählen und dazu noch die demokraten im kongress stärken. clever ist es ja, was die republikaner machen. sie setzen den karren an die wand und können es dann obama in die schuhe schieben, denn er trägt als präsident die verantwortung.

     

    was mir auffällt: seit wann übertreibt es die taz dermaßen mit der emanzipation? DemokratInnen? RepublikanerInnen? das ist doch nicht nur albern, sondern dreht die ganze geschichte sogar fast um. man erkennt ja kaum noch, dass es sich dabei auch um männer handeln könnte.