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Schulbeginn mit neuer SekundarschuleDes Senators neue Superschule

Ab Montag geht die neue Sekundarschule an den Start. Der Bildungssenator strotzt vor Optimismus. Und selbst seine Kritiker wirken merkwürdig uninspiriert.

Viele bunte Tüten, aber nur noch eine Gemeinschaftsschule Bild: dpa

Alles wird immer besser: Sogar die Schultüten, die Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) auf seiner jährlichen Pressekonferenz zu Beginn des Schuljahres traditionell an die anwesenden JournalistInnen verteilt und die von Berliner GrundschülerInnen gebastelt werden, sind in diesem Jahr noch größer und bunter als sonst.

Und es gibt ja auch Besonderes zu verkünden: In diesem Jahr ist der erste Schultag für die Oberschulen auch Tag eins einer neuen Schulform. Die "Integrierte Sekundarschule" (ISS) geht an den Start, fusioniert aus Haupt-, Real- und Gesamtschulen. Sie soll der Selektion von Kindern auf verschiedene Schulformen nach Noten ein Ende machen und so mehr Schulabgänger zu besseren Abschlüssen führen.

Genau 111 der neuen Oberschulen hat die Stadt künftig, 30 davon haben eine gymnsiale Oberstufe. Die anderen ISS kooperieren mit Oberstufenzentren, an die die SchülerInnen, die Abi machen möchten, wechseln sollen. Die etwa 90 Gymnasien der Stadt bleiben weiter bestehen und bieten das Abitur nach zwölf, die ISS nach 13 Schuljahren an. Die Mehrzahl der Sekundarschulen wird im gebundenen, also für alle Schüler verbindlichen, oder teilgebundenen Ganztagsbetrieb laufen. Dass die dafür nötigen Bauarbeiten, etwa Einbauten von Mensen, längst nicht an allen Schulen abgeschlossen sind, bestreitet Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) nicht - es falle aber nicht in seine Verantwortung. Baumaßnahmen sind Sache der Bezirke, der Senator verweist stolz auf die Summe von insgesamt beinahe eine Milliarde Euro, die er unter anderem aus Konjunkturmitteln des Bundes für den Umbau der Schulen bereit gestellt hat.

Auch sonstiger Kritik an der Ausgestaltung der Reform begegnet der Senator gelassen: Lehrermangel? "573 Lehrkräfte wurden neu eingestellt, obwohl die Schülerzahlen stetig sinken." Die Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften sei damit "noch besser als im letzten Jahr". Dass 80 freie Lehrerstellen nicht besetzt werden konnten, liege am Fachlehrermangel in den Naturwissenschaften. Andere Bundesländer hätten die gleichen Probleme - selbst die, die Lehrer noch zu Beamten machten, so Zöllner. Dass die Berliner Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Zahl von 400 fehlenden Lehrkräften annimmt, führt er auf die "Fehlprognosen bei Schülerzahlen" zurück, die jährlich etwa 5.000 über der tatsächlich vorhandenden Anzahl von SchülerInnen liege. Aber auch das werde besser: Mit der Schülerdatenbank, die Zöllner durchgesetzt hat und die ab dem nächsten Schuljahr bessere Prognosen ermöglichen soll.

Auch neue Lehrkräfte sollen künftig nicht erst zu Beginn des Schuljahrs, sondern bereits im Frühjahr eingestellt werden, um BerufseinsteigerInnen, die dann die Unis verlassen, "eine Chance zu geben", so Zöllner - und damit von der Abwanderung in andere Bundesländer abzuhalten.

Bei so viel Aufbruch und Neuanfang klingen selbst Zöllners Kritiker merkwürdig verhalten. Auf "rot-rote Bildungsideologen", die "eine so genannte Reform nach der nächsten auf die Schulen loslassen", schimpft die FDP wenig originell, und auch den Grünen ist mit der Klage über "vorprogrammierten Unterrichtsausfall" durch Lehrermangel, dessen "Leidtragende wieder die Schülerinnen und Schüler" seien, wenig Neues eingefallen.

Was solle er sagen, fragt Peter Sinram von der Berliner Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) offen: "Die Schulreform ist ein Schritt in die richtige Richtung." Nun käme es darauf an, ob die Eltern sie annähmen.

Und auch was das betrifft ist man beim Senat optimistisch. Alle neuen Sekundarschulen hätten genug Anmeldungen bekommen, um mit mindestens drei siebten Klassen das neue Schuljahr beginnen, sagt Siegfried Arnz, der bei der Schulverwaltung für die Reform zuständige Abteilungsleiter. Sechs der ISS hätten zudem schon in diesem Jahr "eine deutlich erkennbare Schülermischung inklusive gymnasialempfohlener Schüler", so Arnz.

"Ob die neue Schulform funktioniert, werden wir erst nächstes Jahr wissen", sagt GEW-Sprecher Sinram. Hoffentlich sind die Schultüten des Senators da kein schlechtes Omen: Denn die waren zwar größer als sonst. Aber es war nicht mehr drin.

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