Schüler muss T-Shirt ausziehen: Liebe ist Bundestag zu politisch
Ein Schüler will den Bundestag besuchen - und muss sein T-Shirt ausziehen, weil "Make love not war" darauf steht. Ein Grüner will nun die Kleiderordnung lockern.
"Make love not war": Wer heute mit diesem 60er-Jahre-Spruch auf dem T-Shirt herumläuft, erweckt kaum mehr Aufsehen. Was einmal politisch war, ist inzwischen Popkultur. Anders sieht das offenbar das Sicherheitspersonal des Bundestags. Für die Einlasskontrolleure hat der Aufruf, sich zu lieben, anstatt Krieg zu führen, in den Gebäuden des Parlaments nichts verloren.
Am Donnerstag wollte eine Schülergruppe aus Hessen den Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour besuchen. Einer der Schüler trug laut Nouripour ein T-Shirt mit ebenjenem Flower-Power-Slogan - und wurde an der Sicherheitsschleuse des Bundestags gezwungen das T-Shirt auszuziehen und falsch herum anzuziehen, sodass der Schriftzug "Make love not war" nicht mehr zu lesen ist. Denn politische Botschaften seien im Bundestag nicht erlaubt.
Man könnte das Ganze als schräge Anekdote abhaken. Nouripour aber findet die Aktion nicht witzig. Sie sei "deutlich überzogen" und "kontraproduktiv", schreibt er in einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). "Damit erweisen wir dem Ziel, das mit der Einladung von Schülergruppen und überhaupt politisch interessierten Bürgern in den Bundestag verbunden ist, keinen guten Dienst." Zwar gebe es politische Symbole, die im Parlament nichts verloren hätten - aber der Slogan des Schülers gehöre nicht dazu. Nouripour findet: Lammert müsse die Praxis der "Kleidungskontrolle" an den Eingängen des Bundestags dringend überprüfen lassen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Bundestagsbesucher Ärger bekommen. Vor zweieinhalb Jahren hatte ein Zwischenfall für Aufregung gesorgt, bei dem ein Teenager ein T-Shirt ausziehen sollte, auf dem eine Faust ein Hakenkreuz zertrümmert. Er wollte als Mitglied von Solid, dem Jugendverband der Linkspartei, an einem Planspiel im Plenum teilnehmen. Nouripour berichtet in seinem Beschwerdebrief außerdem, dass vor kurzem ein Schüler am Eingang des Bundestags aufgefordert worden sei, die Jacke über seinen T-Shirt zu schließen. Das zeigte einen roten Stern - auch der ist heute bei vielen Jugendlichen eher popkulturelles Accessoire als Politstatement.
Die Bundestagsverwaltung wollte sich am Wochenende zu dem Vorfall mit dem "Make love"-Shirt nicht äußern. "Grundsätzlich gilt aber", so eine Sprecherin, "dass Kleidung keine Manifestation von Meinungen und Weltanschauungen darstellen soll, insbesondere extremer Art". In der Hausordnung heißt es nur: "In den Gebäuden des Deutschen Bundestages sind Ruhe und Ordnung zu wahren. Die Besucher haben die Würde des Hauses zu achten."
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