Schokoladen: Es wird wieder verhandelt
Der Schokoladen in Mitte denkt nicht ans Ausziehen.
Alle Stühle um den Tresen sind besetzt, im hinteren Raum wird zu elektronischen Klängen getanzt. Nichts deutet im Schokoladen in Mitte auf Auszugsvorbereitungen hin. Dabei sollte das Haus bis zum 30. September leer sein.
Die Frist hatte die Hausverwaltung Friedrich GmbH aus Großbeeren in seinem Kündigungsschreiben an den Verein Schokoladen e.V. gesetzt. "Davon habe ich gehört. Doch ich bin überzeugt, dass ich auch noch in einigen Monaten hier die Disco besuchen werde", erklärt eine Frau, die sich als langjährige Besucherin des Schokoladens bezeichnet.
Auch Matthias vom Vereinsvorstand Schokoladen e.V. denkt nicht ans Ausziehen. Das Kündigungsschreiben sei von einer Hausverwaltung verfasst, ohne die Vollmacht des Eigentümers beizulegen. Damit sei sie nicht rechtswirksam. Außerdem wäre die Frist auch bei einer ordentlichen Kündigung zu kurz.
Auf Konfrontationskurs mit dem Eigentümer will man aber nicht gehen. Schon Anfang August habe der Verein dem Besitzer einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Man wäre bereit, sich im Rahmen der Selbsthilfe an der Sanierung des Gebäudes zu beteiligen und würde trotzdem einen erhöhten Mietzins akzeptieren.
Hausbesitzer Markus Friedrich will nun wieder verhandeln. Trotzdem hält er das Konzept für unvollständig. "Es fehlt eine eindeutige Erklärung, was der Verein zahlen kann", sagt er. Außerdem will Friedrich einen Teil des Hauses anderweitig vermieten, während der Verein das gesamte Gebäude nutzen will. Bis diese Streitpunkte geklärt sind, bleibe die Kündigung bestehen, betont Friedrich.
Wenn die Verhandlungen mit dem Hausbesitzer endgültig scheitern sollten, könnte man den Bezirk einschalten, meint Matthias. Der Sprecher der Grünen/Bündnis 90 in der BVV-Mitte, Frank Bertermann, erklärte aber, dass bisher keine offizielle Anfrage vorliege. Grundsätzlich werde man alle Maßnahmen zum Erhalt des Schokoladens unterstützen.
"Wir wollen den Schokoladen als Kulturzentrum erhalten", betonte Matthias. Schließlich haben dort unter anderem das Orph-Theater, der Club der Polnischen Versager sowie zahlreiche Ateliers und Studios ihr Domizil.
Matthias verweist darauf, dass der Schokoladen eine der letzten Kultureinrichtungen in der Gegend ist, die in der Nachwendezeit mit viel Engagement entstanden sind. Im Zuge der Umstrukturierung mussten viele dieser Einrichtungen, wie etwa der "Eimer", schließen.
Mittlerweile haben sich die verbliebenen Einrichtungen als "Projekte in Mitte und Prenzlauer Berg (Pimp) zusammen geschlossen. Der Schokoladen gehört zu den Initiatoren.
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