: Schönhuber bei Streibl: "Saublöd"
■ Heftige Kritik und Unverständnis in der Union über den jetzt bekannt gewordenen Sofaplausch zwischen "Republikaner"-Chef Schönhuber und dem CSU-Fürsten sowie Ex-Ministerpräsidenten Streibl
München/Berlin (taz) – Verbal klar distanziert hat sich gestern die CSU-Spitze gegenüber den „Republikanern“. Der frühere bayerische Ministerpräsident Max Streibl hatte sich im vergangenen November heimlich mit Rep-Chef Franz Schönhuber getroffen. Streibl hatte den Rechtsaußen in seinem Privathaus im oberbayerischen Wildsteig empfangen. Überhaupt nicht konspirativ sei es dabei zugegangen, ließ Streibl gestern verlauten. Rein Persönliches hätten sie miteinander besprochen, es sei dabei um „nichts Politisches“ gegangen.
Schönhuber, dessen Partei in Bayern vom Verfassungsschutz observiert wird, und Streibl, jener Ex-Ministerpräsident, der über die Amigo-Affäre zu Fall kam, sind seit Jahren enge Freunde. Bei dem Treffen soll Streibl sich auch über seinen Nachfolger Edmund Stoiber beklagt haben. Ferner habe sich der Ex-Ministerpräsident auch bitterlich über die leiblichen und politischen Erben des CSU- Mega-Übervaters Strauß beschwert. Außerdem hatte Amigo- Streibl die Zeit im Wohnzimmer genutzt, um Schönhuber seinen Rückzug als Vorsitzender des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern anzukündigen.
„Dämlich“ habe sich Streibl angestellt, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag, Jürgen Rüttgers (CDU). „Saublöd“ sei es, wenn sich führende Politiker mit dem Rep-Chef träfen, meinte der CDU-Abgeordnete Horst Eylmann. Allerdings sollte man Streibls Verhalten nicht überbewerten. Günther Müller von der CSU plädierte dafür, sich mit den Reps politisch auseinanderzusetzen. „Die Frage ist allerdings, ob dies auf dem heimischen Sofa geschehen muß.“
Telefonisch hatte sich Streibl am vergangenen Samstag seinem CSU-Chef offenbart. Theo Waigel, Bundesfinanzminister, ließ sich den privaten Charakter des Treffens versichern und reagierte nach außen mit bayerischer Gelassenheit. An der Haltung der CSU zu den „Republikanern“ habe sich nichts geändert. Eine Zusammenarbeit werde es nicht geben. Auf die Frage, ob es klug sei, sich zu diesem Zeitpunkt mit Schönhuber zu treffen, sagte Waigel, das müsse jeder für sich verantworten, darüber könne nicht die Partei befinden.
Eine vorübergehende Trübung des politischen Instinkts seines Parteifreundes diagnostizierte Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair. Streibl werde „wieder zur Besinnung“ kommen, sagte sein Stellvertreter der oberbayerischen CSU. Einen Übertritt seines Parteifreundes zu den Reps schloß er aus. „Ich halte ihn für zu klug.“ Zehetmair nannte die „Republikaner“ den „erklärten Gegner“ der CSU.
Schönhuber tat kund: „Streibl hat keinerlei CSU-Interna preisgegeben.“ Im selben Atemzug verwahrte er sich gestern gegen den Vorwurf, über die Begegnung mit dem Spiegel geplaudert zu haben. „Ich erkläre verbindlich und unmißverständlich, daß ich das schon Monate zurückliegende Gespräch nicht weitergegeben und mich strikt an die vereinbarte Vertraulichkeit gehalten habe.“
Bündnis 90/Die Grünen im Landtag forderten gestern, Streibl unter Beobachtung des Verfassungsschutzes zu stellen. Wer freundschaftliche Kontakte zum Vorsitzenden einer rechtsradikalen Partei pflege, die Fremdenhaß schüre, müsse der Sympathisantenszene der verfassungsfeindlichen Partei zugerechnet werden. Innenminister Beckstein, für solche Anliegen qua Amt zuständig, mochte dazu keine Stellungnahme abgeben. Er habe sich bis zum Aschermittwoch Urlaub genommen, hieß es in seinem Büro.
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