■ Schöner leben: Vom Putzen
Haben Sie schon Frühjahrsputz gemacht? So richtig mit Motteneier schütteln, Matratzen lüften, Betten in die Sonne hängen, das besprenkelte Abflußrohr am Klo nicht zu vergessen? Unter uns: hab' ich auch noch nie gemacht. Wie jeder Neue Mann habe ich gewisse Putzaufgaben im Sanitärbereich und im Treppenhaus, und das reicht mir. Vollauf. Bis Unterkante Oberlippe.
Solche Aufgaben habe ich übernommen, um einen Teil der Schuld abzutragen, die der Mann im Verlaufe von 2.000 (oder waren's 20.000?) Jahren Patriarchat auf sich geladen hat. Andere Gründe gibt's dafür nicht. Weder finde ich es schmutzig in der Wohnung, von mir aus käme man mit einer Putzorgie alle drei Monate hin. Noch hätte ich etwa Spaß am Putzen. Am Schrubben. Am Wienern.
Und nun betrachten wir die Frauen. Meine Mutter zum Beispiel sang beim Putzen. Jubilierte, tirilierte. Ich ging in den Busch und brach mir einen Mai. Meine Frau hört zum Putzen eine CD, Kowalski, Contratenor, schmetternd. Das beweist – zugegeben – nichts. Immerhin: Ich kenne keinen Mann, der aus freien Stücken je einen neuen Putzlappen (vulgo: Feudel) gekauft hätte. Ich kenne aber mehrere Frauen, die mit Freuden neue Feudel kaufen, und wenn sie einmal dabei sind, legen sie noch den höllisch scharfen WC-Reiniger und ein Fensterputzmittel in den Einkaufswagen, auch wenn noch genug davon in der Besenkammer steht. Keine Beweise, aber Indizien. Wenden wir uns den unschuldigen Kindern zu.
Mein unschuldiges Kind (5) entrüstete jüngst seine Eltern mit der keck gekrähten Botschaft: „Wenn ich Martha heirate, muß die putzen. Putzen tun nur Frauen.“ Martha ist seine Freundin. Niemand hatte ihn nach seinen Heiratsplänen gefragt. Ein spontanes Statement. Ich betone: Dieses unschuldige Kind sieht allwöchentlich seinen armen Vater beispielhaft das Klo und die Treppe putzen. Und produziert dann solche Sätze!
Sind es Hormone? Sind es Gene? Oder physiologische Unfähigkeiten? Man tut was man kann, damit's die Kinder (hier: die Mädchen) einmal besser haben, man geht mit 1a-Beispiel voran – und dann sowas. Können Sie mir in meiner Verwirrung folgen? Und das Fatalste: Seit diesem ominösen Tag mit der desaströsen Äußerung habe ich rein gar keine Lust mehr zu putzen. Und wünsche mir heimlich eine Frau wie Martha. Gott steh mir bei! Burkhard Straßmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen