■ Schöner leben: Krieg im Pantoffelkino
Natürlich hängt Fernsehen und Gewalt zusammen. Der jüngste Beweis steht seit acht Wochen in meiner Wohnung – und ab morgen in der A-Z. Wo er übrigens auch herkommt, der billigste aller Anlässe zur Privatfehde, zum Beziehungsgemetzel und – zur Kapitulation des Begehrens vor den Medien.
Es begann mit einem Argument, das scharf auf meine schwächste Stelle zielte. Was könnte ich nicht alles über 2-Kanal-Ton empfangen, flüsterte mir die fernsehsüchtige Freundin ein. Ein Stereo-Fernseher müßte her. Dann kämen erfolgreiche New-Yorker Mord-und-Totschlags-Filme, sagenhafte italienische Schmonzetten und Almodovars skandalträchtige Persiflagen im Originalton. Kurzum: Ich wäre eine Weltbürgerin mit Pantoffelkino.
Heute weiß ich: Utopien, die einfach zu haben sind, taugen nicht. Die erste Ernüchterung fiel mit dem Eintreffen des monströsen Second-Hand-Geräts zusammen. Wo bislang bescheidene 30 Zentimeter Bildfläche für Buten & Binnen gereicht hatten, verdoppelte sich das Format. Das war zwar kein echter Gewinn, aber auch kein potentieller Verlust: Nachrichten auf Englisch gab dieser Sendeplatz sowieso nie her – allerdings auch kein anderer, wie sich zeigte. Ohne die richtige Fernbedienung verweigerte das Monstrum die gepriesene Zweisprachigkeit. Endlich, an Nikolaus, kam das neue, bessere Sesam-Öffne-Dich. Allein – der Genuß kam nicht.
Vom schnittigen Sean Connery samt schottischem Dialekt keine Spur. Sowenig wie vom rauhen Tonfall Bette Middlers, dem erotischen Klang Lauren Bacalls oder dem Stakkato des französischen Herzensbrechers Jean-Paul Belmondo. Aus der Fernsehzeitschrift weiß ich, warum: Es gibt sie kaum, die Originalton-Sendung.
Doch Vorwürfen entzieht sich die Freundin per Knopfdruck. Die neue Fernbedienung im Anschlag reizt sie die Lautstärke bis Stufe Gefechtsgetöse aus. Diese Schlacht hat sie gewonnen. Aber morgen rufe ich in der A-Z den Waffenstillstand aus. Eva Rhode
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen