■ Schöner Leben: Doppelwhopper
Über die unschönen Seiten des Lebens ist ja nun lange genug gejammert worden. Kein Geld, keine Arbeit, kein Sinn weit und breit und erst recht kein Parkplatz, wenn man mal einen braucht. Endlich naht Rettung – von nicht ganz unverhoffter Seite: Die Macht der Rhetorik hilft uns, mal wieder, über die Tatsachen des Lebens hinweg. Wie einfach das geht, das führen uns die Rhetorikprofis aus Politik, Funk und Fernsehen derzeit mal wieder mit unbezwingbarer Logik vor. Ja, man sollte sogar behaupten: mit immer unbezwingbareren Logiken.
Denn das ist schon der ganze, wunderbare Trick. Pluralbildung ohne Rücksicht auf Verluste. Du bist pleite? Sprich nicht vom Geld, sondern von „Geldern“. Schon klingt es ganz anders – nämlich: nach mehr.
Deine Wohnung ist zu klein? Mach' aus dem Raum einfach „Räumlichkeiten“ – voilà. Der pluralis mutatis sorgt nicht nur für die Vermehrung, sondern auch die Verbreiterung der Dinge. Man walzt die Sorgen bzw. die passenden Begriffe einfach so weit aus, bis sie als unförmige Masse gar nicht mehr greifbar sind. Ärger mit Falschparkern? Sag' einfach „Suchverkehre“ dazu. Schon sind sie weg, irgendwo im Nebel. Der Plattenspieler spinnt? Tjaja, so ist das mit den „Technologien“. Keine Ahnung, worum es geht? Sprich einfach von „Inhalten“. Dann hat die größte Null gleich mehr Gewicht.
So geht es endlos weiter. Immer mehr, immer breiter, immer wolkiger. In Zukunft erwarten uns derart phantastische „Modernisierungsschübe“, „Erlebniswelten“ und was Wunder mehr die Wortakrobaten schon heute beschwören können – man möchte glatt von „Zukünften“ sprechen. Die Kommunikationen der Zukünfte dürfen die Menschheiten jedenfalls mit einigen Spannungen erwarten. Thomas Wolff
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