piwik no script img

Schöne neue Welt am Kurfürstendamm

■ Halenseegraben wird mit riesigem Dienstleistungszentrum überbaut/ Investition von 1,5 Milliarden DM/ Interesse von ausländischen Financiers

Berlin. Das schöne neue Berlin nach der Maueröffnung stellte Bausenator Nagel (SPD) gestern vor: Der Halenseegraben am Ende des Kurfürstendamms soll mit einem riesigen Dienstleistungs- und Bürozentrum mit 100.000 bis 150.000 Quadratmeter Bürofläche für 1,5 Milliarden Mark überbaut werden. Weiter sollen auf dem 11,7 Hektar großen Gelände Geschäftspassagen, Restaurants, Sport- und Freizeiteinrichtungen, ein »Medienzentrum«, ein Hotel, Kitas, Grünflächen und 700 Wohnungen entstehen — vermutlich für die dazugehörenden Führungskräfte.

Für das Projekt interessieren sich bereits 28 private Investoren unter anderem aus Japan, den USA, Frankreich und Großbritannien. Unter denen, die finanzkräftig genug sind, werde es ein Auswahlverfahren geben, danach soll ein Bauwettbewerb durchgeführt werden, sagte Nagel. Der erste Spatenstich könne, wenn alles gutgeht, in zwei Jahren stattfinden. Voraussetzung sei noch das Einverständnis der Reichsbahn, der die Fläche gehört. Man erwarte aber ein positives Signal innerhalb der nächsten zwei Monate.

Von früheren Plänen, über den Halenseegraben bis zu 1.500 Wohnungen zu bauen, sei man nach der neuen Berliner Situation abgekommen: Das Dienstleistungszentrum werde mit privatem Geld gebaut, die Wohnungen hingegen müsse die Stadt bezahlen, und dazu sei das Gebiet über dem Halenseegraben als Bauland mittlerweile zu teuer. Außerdem fehlten bereits jetzt zehn bis zwölf Millionen Quadratmeter Büro- und Gewerbefläche in Berlin.

»Am Kurfürstendamm wird es auch nicht bei den billigen Vorkriegsmieten — ich meine Mieten vor der Maueröffnung — bleiben«, stellte Nagel fest. Außerdem wolle man verhindern, daß das Umland zersiedelt wird und interessante Betriebe, die Steuern zahlen, sich in Potsdam oder Leipzig ansiedelten. Darüber hinaus sei der Halenseegraben verkehrstechnisch ein hervorragender Standort: in der Nähe von ICC und Flughafen Tegel gelegen und an die Fernbahn, den S-Bahn- und den Autobahnring angeschlossen, der künftig auch durch Ost-Berlin verlaufen soll (siehe Kasten).

Mit diesem Großprojekt würden erstmals die neuen ökonomischen Anforderungen mit dem ökologischen Stadtumbau verbunden. Ähnliche Beispiele gebe es bereits in Paris, Stockholm und London. Als weitere Standorte für vergleichbare Projekte kann sich Nagel das Westkreuz und den Bereich Gesundbrunnen vorstellen. Stadtbrachen auf Eisenbahnflächen könne man nicht mehr als solche belassen. Selbst das Buga- Gelände am Schöneberger »Flaschenhals« wäre Nagels Meinung nach begrünenswert, aber es sei unwahrscheinlich, daß dies noch gelinge. Eva Schweitzer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen