■ Schnittstelle: Dem Tod zuschauen
In der Nachtschiene des Videofests nimmt „Memento Mori“ einen besonderen Platz ein. Drei Filme sind zu sehen, die das Sterben, den Tod, die Erinnerung und deren künstlerische Reflexion behandeln. „Aide Mémoire – ein schwules Gedächtnisprotokoll“ des Filmemachers Michael Brynntrup ist zunächst einmal das mit Super-8 und Videomaterial gefilmte Erinnerungsprotokoll seiner Gespräche mit dem aidskranken Fotografen Jürgen Baldiga. Es handelt sich hierbei jedoch eher um eine unpathetische Selbstvergewisserung als um das Porträt eines Sterbenden. Dem Gespräch am Küchentisch ist das schwulenfeindliche Gekeife einer Berliner Mutti im Hinterhof gegengeschnitten. Weil diese Realität dieselbe bleibt, egal ob jemand stirbt.
„Last Time I Saw Ron“ von Leslie Thornton entstand 1994 in Brüssel während der Theaterproben zu einer Adaption des Philoktet-Stoffes. Thornton drehte dieses Video als Hommage an den Schauspieler Ron Vawter, der während der Proben an Aids erkrankte und nach der Fertigstellung des Stückes starb. Der Film bezieht Vawters Krankheit auf den Inhalt des Theaterstücks. Angelehnt an die Figur des Kriegers Philoktet, soll die Kraft der Kunst als Waffe dienen, auch wenn sie den Verfall nicht verhindern kann.
Die Fernsehproduktion „La Mort de Molière“ (arte, 1994) ist eine Koproduktion von Heiner Müller mit dem Theatermacher Robert Wilson. Der Tod des großen Theaterautors Molière wird inszeniert, wozu Heiner Müller einen Satz sagt, der, ganz unzynisch gemeint, die drei Filme verbindet: „Das Kino schaut dem Tod bei der Arbeit zu.“ Gudrun Holz
Videofest im Podewil, Nightflight 3, heute: 22.30
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