■ Schnittplatz: Mattscheibenheil
Zum ersten Mal fiel mir Erich Lasch vor drei Jahren auf, als er zusammen mit Esoterik-Stars wie Rainer Holbe und Uri Geller an einem Kongreß über „Leben nach dem Tode“ teilnahm. Seltsam, dachte ich, daß ein veritabler Medizinprofessor an solch groteskem Aufmarsch von Geisterbeschwörern und Kristallkugelschauern teilnimmt, bei dem Tote und Geistwesen sich ein Stelldichein geben. John Lennon etwa sang aus dem Jenseits, und ein Medium wandelte Amalgamfüllungen in pures Gold um. Mittendrin: Dr. Lasch, der das alles noch übertraf. Lähmungen, Grüner Star, Krebs – kein Problem für seine Wunderheilkräfte.
Nun ist er zweimal in Sat.1 bei „Schreinemakers“ aufgetreten. Vor Millionenpublikum führte der 64jährige mit hypnotischem Jahrmarktsbrimborium eine TV-Massenheilung vor. 76 Prozent der ZuschauerInnen spürten – laut TED – Laschs Heilenergie durch die Mattscheibe, Kopf- und Gliederschmerzen verschwanden, ein Gelähmter konnte plötzlich seine Zehen bewegen. Eine Woche Geistheil-Hysterie in Bild. Als wäre das alles noch nicht genug, trat Lasch letzten Donnerstag erneut bei „Schreinemakers“ auf. Ein Vertreter des Hartmannbundes erklärte die Wunderheilerei als durchaus ernstzunehmende Hypnose – allerdings sollte man es nicht über das Fernsehen machen. Lasch nickte beifällig.
Ärztekammerpräsident Ellis Huber aus Berlin allerdings wurde quäkend als Oberfeigling beschimpft, weil er sich weigerte, in der Sendung mit Lasch zu diskutieren. Hat Professor Lasch tatsächlich Heilkräfte in seinen Händen? Oder nützt er nur geschäftstüchtig die Hoffnungen wundergläubiger Menschen aus? Fest steht, daß sein Sat.1-Auftritt bei „Schreinemakers“ insofern unverantwortlich war, daß durch derlei Suggestionen im Einzelfall hochkomplexe seelische Prozesse angestoßen werden können, die ungeahnte Folgen nach sich ziehen können. Erich Lasch wird sich nun mit einem berufsgerichtlichen Verfahren konfrontiert sehen. Die Marburger Rechtsmedizinerin Prof. Irmgard Oepen hat Anzeige erstattet. Sie hat herausgefunden, daß Dr. Lasch offenbar bei der Ärztekammer gar nicht gemeldet ist.C.G.
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