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■ SchnittplatzKohls Haussender

Und wer da glaubt, der Kohlsche Haussender Sat.1 würde sich der berechtigten Kritik an seiner Wahlkampfunterstützung für den schwarzen Riesen stellen, soll doch gleich weiterträumen. Nachdem vergangene Woche handverlesene Bürger auf Mallorca den Kanzler per Satellit untertänigst befragen durften, stellte Sat.1 in seinem Politmagazin „alSo“ (Sonntag, 12 Uhr) nun dessen Mann fürs Grobe, Wolfgang Schäuble, in den Mittelpunkt. „Macht der Staat schlapp?“ Wer, wenn nicht Schäuble, könnte diese Frage beantworten. Die Stichwortgeber wie z.B. Joachim Fest dürfen sich da nur in munteren Floskeln ergehen, wonach die 68er schuld daran seien, daß Deutschland längst die weiße Flagge statt der Bundesflagge zeige, und das, wo doch ein demokratischer Staat vor allem Herrschaft sei. Gertrud Höhler – genau jene, die sich so gerne mit Sohnemann Abel zeigt – tat, was sie immer tut: Sie fragt, was sie denn dafür bekäme, wenn sie sich engagierte. Marianne Birthler von den Grünen/Bündnis 90 (Proporz!) redet von der Familie als dem Herz aller Dinge. Und wer immer noch nicht gemerkt hatte, worauf's rausläuft, der durfte das anderthalbminütige TV-Erstlingswerk des parlamentarischen SPD-Geschäftsführers Peter Struck begucken. Aber Neues hatte auch der nicht zu bieten, koffert er Schäuble doch einfach an und sagte gar, daß er heute eben jenem nicht mehr schreiben würde, was er nach den Schüssen im Badischen tat, ihm nämlich gute Besserung zu wünschen, weil der Staat ihn bräuchte. Nur gut, daß Allensbach die Alpträume lindert und demoskopisch anmerkt, daß sich 67,5 Prozent Herrn Schäuble nicht als Nachfolger Kohls vorstellen können. Doch auch 20,6 Prozent, die es eben können, sind noch zuviel für den, der seit geraumer Zeit in der CDU für die Regelverletzungen Richtung rechts verantwortlich zeichnet.

„Politik zum Mitreden“, so schimpft sich die „alSo“-Veranstaltung dreist. Dabei ist auch dieses Sat.1-Produkt reine Wahlwerbung für die Union. Und jetzt weiß ich auch, was in der Sendung fehlte: die kleine Einblendung CDU/CSU, die sich doch trefflich oben am Bildschirmrand machen würde – rechts natürlich.chi

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