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■ SchnittplatzBond rettet die „MoPo“

Sie haben ganz schön zu stöhnen, die hiesigen Boulevardblätter (Bild mal ausgenommen). Die Konkurrenz des kommerziellen Fernsehens läßt die Auflagen fallen und seriöse Medien wenden sich Gosse und Glamour zu. Auch die Hamburger Morgenpost, die einst der SPD- und jetzt Deutschlands größtem Verlagskonzern Gruner + Jahr gehört, der zur Medienmacht von Bertelsmann zählt, kämpft um Leser: mal mit Tieren (tote Krähen, tote Wale, tote Tamagotchis), mal mit fundamentaler Kritik an den Grünen („Krista Ja-Sager“), mal mit allerlei Gerüchten in Sachen Reemtsma-Entführer. Doch die Leser aus der Arbeiterschaft werden älter und sterben weg, und die Linksradikalen sind inzwischen reif für Springers Abendblatt.

Jetzt aber naht das gute Ende für die Hamburger Morgenpost. James Bond, Agent ihrer Majestät, hat einen Nebenjob. Weil der neue 007-Film zu einem großen Teil an Alster und Elbe spielt, ist die MoPo seit Wochen zum Bond- Blatt mutiert. Sämtliche Drehorte wurden vorgestellt. Hafen und Außenalster (Tourismuswerbung), die Fußgängerzone, das Horten- Parkhaus und das Erdgeschoß von Kaufhof. Doch damit nicht genug des lokalpatriotischen Overkills. Rechtzeitig zum Filmstart und zur Pressekonferenz der Stars hievte die MoPo den Agenten am Wochenende auf den Titel („Bond besucht Ortwin Runde“) – und ließ noch eine 16seitige „007-Beilage“ folgen. Die kocht alle Facts noch mal auf, zeigt dutzendfach das Babyface von Brosnan und hat ansonsten reichlich Anzeigen zu bieten: für Bond-Rasier, Bond-Schuhe, Bond-Handys, Bond-Parfum.

Auch die Story des 18. „007“-Films wird erläutert: Ein krimineller Medien-Tycoon, Besitzer des Blattes Tomorrow, versucht, einen Weltkrieg auszulösen, um damit Sendezeit und Titelseiten zu füllen. Sogar wo sie so nahe liegt, verzichten die piefigen MoPo-Schreiber auf jegliche Ironie. Kein Wunder, daß sie auch nicht bemerkt haben, wie sehr ihre „Sonderveröffentlichung“ einer Selbstbeschwörung gleicht: „Der Morgen stirbt nie“ – so steht brav der deutsche Filmtitel über jeder der 16 Seiten. Und klingt wie „Die Morgenpost stirbt nie“.Ernst Blofeld

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