Schnellzug-Projekt in England: Leeds rückt näher an Paris
Englands Regierung hat den Bau einer Highspeed-Bahntrasse von London in den Norden entschieden. Anwohner der betroffenen Strecke sprechen von einer Fehlinvestition.
DUBLIN taz | Englands Eisenbahn bekommt eine zweite Hochgeschwindigkeitstrasse. Das entschied die Regierung in London am Dienstag. Die Züge, die bis zu 360 Kilometer pro Stunde schaffen, sollen Manchester und Leeds mit London verbinden. Zunächst wird ab 2017 der Abschnitt von Birmingham in die englische Hauptstadt gebaut. 2026 dauert die Fahrt dann nicht mehr knapp anderthalb Stunden, sondern nur noch eine gute Dreiviertelstunde.
Die Strecke soll mit der anderen Hochgeschwindigkeitstrasse von London zum Kanaltunnel verbunden werden, so dass man in 14 Jahren Paris von Birmingham aus in drei Stunden erreichen kann. Sieben Jahre später soll die Strecke nach Manchester und Leeds fertig sein. Die Fahrt nach London dauert dann eine Stunde und zehn Minuten. Die Kosten werden bei insgesamt 32 Milliarden Pfund liegen – einschließlich des Abzweigs zum Flughafen Heathrow.
Die Anwohner der Trasse haben bis zuletzt versucht, das Projekt zu verhindern. Vor allem aus den Tory-Hochburgen in den Chilterns, einem beschaulichen Tourismusgebiet mit seinen typischen Kreidehügeln, hagelte es Proteste. Für die dortige Bevölkerung bringt die schnelle Bahn keine Vorteile: Sie wohnen ohnehin nahe genug an London, müssen sich aber auf jahrelange Bauarbeiten und nach Fertigstellung auf Lärmbelästigung einstellen. Die Hauspreise sind deshalb schon um zehn Prozent gefallen.
"Stop High Speed 2"
Joe Rukin von der Kampagne "Stop HS2" – die Abkürzung steht für "High Speed 2" – hält die schnelle Bahn für eine Fehlinvestition: "Das Projekt ist weder für die Wirtschaft noch für die Umwelt gut, und wir haben kein Geld dafür. Es wäre besser, Geld in die Verbesserung der bestehenden Bahn-Infastruktur zu stecken." Jerry Marshall von den "Action Groups Against High Speed Rail" sagt, das Projekt werde jeden Haushalt in Großbritannien 1.700 Pfund kosten. "Die Strecke wird sich nie selbst finanzieren", sagt er. "Es ist eine Katastrophe."
Um die Kritiker zu beruhigen, hat das Verkehrsministerium beschlossen, rund 36 Kilometer der 225 Kilometer langen Trasse nach Birmingham durch Tunnel zu führen – 50 Prozent mehr, als ursprünglich vorgesehen. Lediglich fünf Häuser werden einer hohen Lärmbelästigung ausgesetzt, behauptet das Ministerium, 60 weitere bekommen kostenlosen Lärmschutz, und insgesamt werden die Bewohner von lediglich 3.100 Häusern etwas mehr Lärm bemerken.
Verkehrsminsiterin Justine Greening ist von dem Projekt begeistert. Sie sprach von einem historischen Tag, denn seit den Eisenbahnpionieren im viktorianischen Zeitalter sei nie mehr so etwas Großes geplant worden. "Die neue Strecke wird die Schere zwischen Nord und Süd schließen, denn sie wird die wirtschaftlichen Aktivitäten zwischen Manchester, Leeds, Birmingham und London ankurbeln", sagt sie. Bereits in der ersten Bauphase sollen 40.000 Jobs entstehen.
Premierminister David Cameron muss sich dennoch auf eine Revolte seiner Hinterbänkler einstellen, vor allem derjenigen, durch deren Wahlkreise die Trasse führen soll. Die Ministerin für Wales, Cheryl Gillan, deren Wahlkreis in den Chilterns liegt, hat sogar mit ihrem Rücktritt gedroht. Damit kann sie sich aber noch Zeit lassen, die zweite Lesung des Gesetzes, das den Weg für das Projekt ebnen soll, wird nicht vor Herbst nächsten Jahres stattfinden. Scheitern wird die Sache auf keinen Fall, denn Labour will geschlossen dafür stimmen.
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