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Schluchseewerk soll Strom speichernStrom auf Pump

Die RWE-Tochter Schluchseewerk plant ein riesiges Pumpspeicherkraftwerk. Das soll Strom speichern, wenn mehr produziert als gebraucht wird.

Das Schluchseewerk plant ein Pumpspeicherwerk ähnlich wie hier Goldisthal in Südthüringen. Bild: dpa

FREIBURG taz Im Südschwarzwald will die RWE-Tochter Schluchseewerk AG für mehr als 700 Millionen Euro das größte Pumpspeicherkraftwerk Deutschlands errichten. Das Unternehmen, das zwischen Schluchsee und Hochrhein bereits ein landesweit einmaliges Netz von Pumpspeicherkraftwerken unterhält, will nördlich von Bad Säckingen zwei weitere Staubecken und ein Kavernenkraftwerk bauen - ein Kraftwerk im Innern einer künstlich angelegten Höhle im Grundgebirge.

Die Anlage soll über 1.000 Megawatt Leistung verfügen; das ist fast die Leistung eines Atomkraftwerks. In Zeiten von Stromüberschuss soll das Werk diese Energie 13 Stunden lang aus dem Netz ziehen können, um bis zu 10 Millionen Kubikmeter Wasser vom Unterbecken ins 600 Meter höher gelegene Oberbecken zu pumpen. Bei Strommangel ist es umgekehrt.

Diese seit den Zwanzigerjahren vor allem in Süddeutschland eingesetzte Technik gilt noch heute als die effizienteste Art, Strom in großen Mengen zu speichern. Anlagen im Südschwarzwald aus den 1970er-Jahren erreichen einen Wirkungsgrad von 77 Prozent. Sie gewinnen also von 4 Kilowattstunden, die zum Pumpen gebraucht werden, später 3 zurück. Das 2003 im thüringischen Goldisthal in Betrieb genommene Pumpspeicherwerk kommt sogar auf 80 Prozent.

Die beiden nun geplanten Becken werden die Landschaft des Hotzenwaldes erheblich verändern, denn sie sollen mehr als doppelt so groß werden wie die bereits bestehenden Staubecken in der Nähe. So ist das in über 1.000 Meter Höhe gelegene Hornbergbecken II auf fast einen Kilometer Länge und knapp 400 Meter Breite geplant. Beide Becken zusammen werden eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratmetern bedecken.

Ende 2010 soll die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen sein, genauso lange sollen die Untersuchungen zu Geotechnik und Raumordnung andauern. Das Planfeststellungsverfahren soll in den Jahren 2011 bis 2013 laufen, damit der Bau im letzten Quartal 2014 beginnen kann. Die Bauzeit wird auf viereinhalb Jahre veranschlagt.

Die Schluchseewerk AG, die zu 50 Prozent dem RWE-Konzern und zu 37,5 Prozent dem EnBW-Konzern gehört, begründet die Pläne mit dem Ausbau der Windkraft: Wegen der zunehmenden Stromerzeugung aus fluktuierender Windkraft brauche man entsprechende Ausgleichskapazitäten.

Die Überlegungen sind indes schon alt. Bereits in den 70er-Jahren hatten die Schluchseewerke exakt die gleichen Pläne schon einmal präsentiert, waren aber auf erheblichen Widerstand der Bevölkerung gestoßen. Im August 1976 hatte sich eine Gruppe "Gegner einer Energielandschaft Hotzenwald" gegründet. Der Schwarzwaldverein hatte betont, die Region dürfe "nicht bloß das Objekt für energiewirtschaftliche Ausbeutung" sein. Der Hauptaktionär RWE jedoch signalisierte auch später noch, dass er an der Idee nach wie vor großes Interesse habe. Nun präsentierten die Schluchseewerke das Projekt so plötzlich, dass die Umweltverbände überrascht wurden. Man habe sich "noch keine fertige Meinung" gebildet, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz Südlicher Oberrhein. Denn mit den Pumpspeicherkraftwerken werde nicht nur Ausgleich für die schwankenden erneuerbaren Energien geschaffen, sondern es könne "auch Grundlast-Atomstrom in teuren Spitzenlaststrom veredelt werden". "Das ist ein wichtiges und schwieriges Thema für die Umweltbewegung am Oberrhein und am Hochrhein" , sagt der BUND-Geschäftsführer in Freiburg, Axel Mayer, doch der Diskussionsprozess habe jetzt begonnen.

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7 Kommentare

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  • M
    Martin

    Angeblich ist der Strom aus EE stark schwankend und nicht vorhersehbar. Das macht den Betreibern der Pumpspeicherkraftwerke nach den Bau von Speichern erforderlich. Bisherige Studien haben diese Ausage nicht bestätigt. Die Vorhersagbarkeit der Energie aus Windkraft im Zeitraum von 48-72 Stunden liegt bei 90 bis 92 Prozent.

    Da in naher Zukunft Grundlastkraftwerke, die bauartbedingt immer mit konstanter Leistung betrieben werden müssen, durch den Atomausstieg und altersbedingt vom Netz gehen, sollen sie durch flexieblere Gaskraftwerke ersetzt werden. Diese sind durchaus in der Lage, die verbleibenden 8 bis 10 Prozent der möglichen Leistungsschwankungen der Windkraftanlagen auszugleichen.

    Zu diesem Schluss kommt auch die DENA-Netzstudie in Bezug auf die Regel- und Reserveleistung: "Die Bereitstellung der Regel- und Reserveleistung kann aus dem in der Studie entwickelten Kraftwerkspark und seiner Betriebsweise gedeckt werden. Dazu sind keine zusätzlichen Kraftwerke zu installieren und zu betreiben."

    Der in der Studie entwickelte Kraftwerkspark beinhaltet keine neuen Pumpspeicherkraftwerke.

     

    Stellt sich also die Frage nach der Notwendigkeit. Die sehe ich nicht gegeben. "Wäre es denn wirtschaftlich zu betreiben?" Ja, in gewohnter Tradition: nachts den billigen Strom aus den Grundlastkraftwerken nutzen, um das Becken zu füllen. Tagsüber die Energie in Spitzenstrom wandeln und teuer verkaufen. Stromveredelung, wie immer.

     

    Momentan ist der Schwarzwald neben dem Great Barrier Reef, dem Grand Canyon und anderer Naturschönheiten Anwärter auf eines der 7 Naturwunder der Erde und damit ......

     

    wertvoll.

     

    Martin

  • F
    Flei

    Wenn man jedoch Menschen kennt die direkt von dieser Misere betroffen sind, und ihr Stückchen Land lieben,pflegen und damit arbeiten ist es sehr traurig was dort passiert. Ich war schonmal indieser Gegend und die Natur ist so schön dort...Es tut mir im Herzen weh wenn ich denke das RWE da mit Dynamit in diesem guten Berg rumspielt...

    Ich bin bei euch!

  • A
    Andreas

    Pumpspeicherkraftwerke speichern weder Strom noch Wasser, sondern Energie. Auch wenn sie für EE nützlich sind, müssen sie noch weiteren Umwekltkriterien genügen, zu diesen Kriterien gehört auch die Erhaltung der Landschaft. Damit über alternative Standorte entschieden werden kann, müssen diese wie für Windkraftanlagen flächendeckend untersucht und bewertet werden.

  • B
    Bernd

    Das Kraftwerk soll sicher keinen Strom speichern, sondern Wasser!

  • BG
    Bürger G.

    Wenn wir unsere zukünftige Stromversorgung auf EE ausbauen wollen (was langfristig geschehen muss) und gleichzeitig die Kernkraft und die Kohlekraft abschaffen wollen (die zur Abdeckung der Grundlast und Mittellast dienen), dann ist es zwingend erforderlich Pumpspeicherkraftwerke zu bauen! UND DA WIRD NICHT NUR EIN EINZIGES REICHEN!

     

    Jetzt entscheidet sich, ob die Umweltverbände und die angeblich auf das Wohl des Menschen und zukünftige Generationen bedachten Grünen es wirklich ernst meinen mit den EE und den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken (den einzigen bisher effizienten Speicherkraftwerken) forcieren und auch dies den betroffenen Bürgern klar machen können! (Ich könnte mir vorstellen, dass die Bürger einer Laufzeitverlängerung eher zustimmen würden... ;-) )

  • W
    winchester73

    Dass das Pumpspeicherkraftwerk von der AKW Lobby missbracht wird, impliziert nicht, dass es nicht langfristig nützlich sein kann, z.B. in einigen Jahrzehnten für zeitweise erzeugte Überschüsse aus Solar- und Windenergie, Biomasse, Geothermie etc. -- (zumindest, falls dann sehr viele Windräder nicht direkt mit Druckluftspeichern oder dergleichen verbunden sind, die bei Energieüberschuss schon vor der Umwandlung in Strom die Windkraft speichern und erst bei Bedarf dann in Strom umwandeln und einspeisen - vgl. auch meinen Leserkommentar zum B. J.s eigenen Kommentar zu diesem Artikel).

  • K
    Karl

    Zugegeben, der erreichbare Wirkungsgrad ist beachtlich.

    Bleibt die Frage, ob das Deckgebirge der zusätzlichen Auflast und den folgenden Lastwechseln langfristig ausreichenden Widerstand bieten kann.

    Flächig verteilte Lasten sind eine Sache, Lastwechsel auf inhomogenem Untergrund eine andere. Bin daher sehr neugierig wie aufwändig sich die Erkundung der lokalen Gegebenheiten und der gesteinsmechanischen Beurteilung gestalten wird.

     

    Glück auf!

     

    Karl